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Simson, Otto von
Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock besonders der Medicigalerie des P.P. Rubens — Leipzig, Strassburg, Zürich: Heitz & Co., 1936

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II. Die antike Allegorie in ihrem Verhältnis zum Menschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.63507#0031
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heute das Wissen für uns leisten muß, hat jener ästhetische
Geist der Alten sicher unmittelbar vollzogen. Was soll man aber
von jener Darstellung des „günstigen Moments“ sagen, einem
Werk des Lysipp: sein Haupthaar war vorn lang, weil man die
Gelegenheit am Stirnhaar ergreifen müsse. In den Händen hielt
er eine Waage, weil ihr Zünglein gern schwankt wie das Schick-
sal, auf einem Schermesser, weil das Geschick auf der Schärfe
eines solchen steht. „Mit Ausnahme der Waage, welche als
Symbol erträglich ist (bemerkt Burckhardt dazu) war hier alles
Uebrige auf sprichwörtliche Reden und übliche Metaphern auf-
gebaut“.1) So sehr uns dies schon an die „hieroglyphische“
Allegorie des 16. Jahrhunderts erinnert: wir müssen doch
sagen, daß es in der Leichtigkeit, mit der der Grieche alles
Gedankliche verbildlichte, von vornherein angelegt war. (Ein wie
starkes ästhetisch-symbolisches Empfinden drückt sich in fol-
gender Geste Alexanders aus: er schleuderte eine Brandfackel
in das Zederngebälk des Palastes von Persepolis, ließ aber den
ausgebrochenen Brand alsbald löschen, um damit auszudrücken,
daß jetzt, nach Darius Tod, der Nationalkrieg Griechenlands
gegen Persien sein Ende gefunden habe.) In den christlichen
Jahrhunderten haben Rienzi und erst recht die Herrscher seit
der Renaissance vergeblich gesucht, ebenso bildkräftige Gleich-
nisse für ihre politischen Taten und Bestrebungen zu finden.
Es bleibt uns noch jene Verwendung der Allegorie zu er-
örtern, die für die römische Kunst so bedeutungsvoll werden
sollte, und die uns innerhalb unseres Themas besonders angeht.
Die „adjektivische“ Allegorie, die, in einer mythologischen Ge-
stalt zu einem Menschen tretend, jene zum Ausdruck einer
menschlichen Eigenschaft herabwürdigt und damit den Ueber-
tritt der Götter aus der mythischen in die allegorische, aus der

h Vergl. Pauly-Wissowa 10, 2. 1511; vergl. Antike Bd. XI Heft I
1935 A. Greifenhagen: zum Saturnglauben der Renaissance. Abb. II,
Kairos, ein Relief im Turiner Museum, vermittelt eine gute Vorstellung
davon, wie das Werk des Lysipp ausgesehen haben mag. Bei diesem ist
es nicht sicher, ob es sich um ein Relief oder eine Statue gehandelt hat,
auch nicht, ob es in Sikyon oder auf der Peloponnes stand; später war
es in Konstantinopel.

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