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Simson, Otto von
Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock besonders der Medicigalerie des P.P. Rubens — Leipzig, Strassburg, Zürich: Heitz & Co., 1936

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II. Die antike Allegorie in ihrem Verhältnis zum Menschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.63507#0032
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ewigen in die geschichtliche Sphäre endgültig besiegelt. Wir
sahen oben, daß die Götter ursprünglich zum Teil aus Eigen-
schaften entsprungen waren: mythisch lebendige Adjektiva.
Ihre Nähe, ja ihre Beziehung zu den Ansprüchen des einzelnen
Menschen war damit von vornherein gegeben. In alter Zeit
hatte sich der Mensch ohne Bedenken als Nachkomme des Got-
tes betrachtet, den sein Geschlecht verehrte; ja durch den
Namen des Gottes erwies er sich als sein Diener und Verehrer.
Das lag umso näher, als er oder einer der Seinigen in den
heiligen Handlungen „die Gottheit selbst darstellte oder ver-
trat.“1) Je mehr die alte religiöse Ueberlieferung erschüttert
wurde, die alte Mächtigkeit des Gottes schwand, umsomehr trat
doch wieder diese oder jene Eigenschaft der Gottheit ins Be-
wußtsein. So ward es möglich, daß man den Namen eines aner-
kannten Kultgottes auf einen Menschen übertrug. Es lag darin
durchaus noch eine religiöse Beziehung. „In Familien und Ge-
schlechtern, welche lange Generationen hindurch irgend eine
kunstgemäße Tätigkeit vererbten (sagt Usener) ... mußte dies
Bedürfnis nach Eigennamen von günstiger Vorbedeutung zur
Wahl von Namen führen, welche dem Sohn die schon durch die
Geburt vorbestimmte Kunstfertigkeit gleichsam gewährleistete.
Durch den Segen des Geschlechts- oder Familiengottes. So be-
trachteten ärztliche Familien den Götterarzt (Asklepios) als
ihren Ahnen.“ Auch hier berühren sich wieder Anfang und
Ende: wie der Mensch sich früher dem Gott verwandt glaubte,
durch seine Verehrung und das naive Gefühl der Abhängigkeit,
so beschwört er seinen Segen jetzt im Namen bewußt herab.
Durch das ganze Mittelalter, ja bis in die neueste Zeit können
wir die magische Bedeutung des Namens spüren. Im Altertum
war sie bewußt: der Name bezeichnete, zumal in den späteren
Jahrhunderten die Wirkung des Gottes, das Adjektiv erschien
als göttliches Subjekt?) Die Eigenmächtigkeit des Gottes mußte
zugleich in dem Maße schwinden, in welchem der Mensch sich

h Vergl. Usener a. a. O. 350 ff.
2) Diese Umbildung der Göttervorstellung in der späten Antike ist
namentlich durch die Auslegung, welche Stoiker und Neuplatoniker mit
dem Mythos vornahmen, außerordentlich gefördert worden. Vergl. E.

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