H. Muthe-
sius, Das
englische
Haus.
Haus des Architekten T. E. Collcut in Totteridge bei London. Erbaut 1898. Muthesius a. a. O. S. 145.
nur Bäume hinter Gartenmauern oder Hecken, aus denen hier und da das obere
Ende eines Daches hervorschaut. Deshalb hat der flüchtige Besucher Englands
selten eine Idee von dem Wesen des englischen Hauses, denn um es kennen zu
lernen, bedarf es des Durchdringens des Zaunes (des wirklichen und geistigen),
der die englische Familie und das englische Haus von der Außenwelt abschließt.
In diesem Abschließen von der geräuschvollen Welt erblickt der Engländer aber
gerade einen Zweck seines Hauses. Dieses ist ihm sein eigenstes, unantastbares
Bereich, der Wunsch es abzusondern, also für ihn ein natürlicher. Eine Vor-
schrift, wie sie unsere Baupolizeiordnungen in der Regel geben, daß die Abgren-
zung eines Villenvorgartens nach der Straße hin durch ein durchsichtiges Gitter
zu geschehen habe, wäre in England einfach undenkbar, die trostlosen Draht-
zaunstraßen unserer Villenvororte sind daher in England gänzlich unbekannt.
In der Anlage des heutigen Hauses fallen zwei Eigentümlichkeiten auf: es ist
erstens ganz genau so angelegt, daß die Wohn- und Schlafzimmer einen möglichst
großen Anteil an der Sonne haben, es hat zweitens ziemlich bescheidene
Wohnräume, dagegen sehr anspruchsvoll auftretende Wirtschaftsräume.
Was den ersten Punkt (die Lage nach der Sonne) anbetrifft, so herrschen
in England ganz ausgeprägte Ansichten darüber, welche Himmelsrichtung jeder
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sius, Das
englische
Haus.
Haus des Architekten T. E. Collcut in Totteridge bei London. Erbaut 1898. Muthesius a. a. O. S. 145.
nur Bäume hinter Gartenmauern oder Hecken, aus denen hier und da das obere
Ende eines Daches hervorschaut. Deshalb hat der flüchtige Besucher Englands
selten eine Idee von dem Wesen des englischen Hauses, denn um es kennen zu
lernen, bedarf es des Durchdringens des Zaunes (des wirklichen und geistigen),
der die englische Familie und das englische Haus von der Außenwelt abschließt.
In diesem Abschließen von der geräuschvollen Welt erblickt der Engländer aber
gerade einen Zweck seines Hauses. Dieses ist ihm sein eigenstes, unantastbares
Bereich, der Wunsch es abzusondern, also für ihn ein natürlicher. Eine Vor-
schrift, wie sie unsere Baupolizeiordnungen in der Regel geben, daß die Abgren-
zung eines Villenvorgartens nach der Straße hin durch ein durchsichtiges Gitter
zu geschehen habe, wäre in England einfach undenkbar, die trostlosen Draht-
zaunstraßen unserer Villenvororte sind daher in England gänzlich unbekannt.
In der Anlage des heutigen Hauses fallen zwei Eigentümlichkeiten auf: es ist
erstens ganz genau so angelegt, daß die Wohn- und Schlafzimmer einen möglichst
großen Anteil an der Sonne haben, es hat zweitens ziemlich bescheidene
Wohnräume, dagegen sehr anspruchsvoll auftretende Wirtschaftsräume.
Was den ersten Punkt (die Lage nach der Sonne) anbetrifft, so herrschen
in England ganz ausgeprägte Ansichten darüber, welche Himmelsrichtung jeder
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