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Stuttgarter Mitteilungen über Kunst und Gewerbe — 1905-1906

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Burkhardt, A.: Der Holzstich
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https://doi.org/10.11588/diglit.6371#0183
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A. Burkhardt in Stuttgart, Kopfleiste. Holzstich.

DER HOLZSTICH.

VON A. BURKHARDT.

s gibt eine Schwarzweißtechnik, die bis jetzt als Kunst kaum An-
wendung gefunden hat: das ist das Stechen mit dem Stichel auf Holz
(Hirnholz), gewöhnlich ebenfalls Holzschnitt genannt. Dieser Name aber
entspricht nicht der Art der Technik und es knüpfen sich an das Wort
Holzschnitt eine Menge schiefer Anschauungen und unzutreffender Vor-
aussetzungen ; um diese zu vermeiden, wurde schon angeregt, zur Unter-
scheidung von dem Holzschnitt der Altdeutschen, dem Schneiden mit
dem Messer auf Langholz, für das Stechen auf Hirnholz die Bezeich-
nung ..Holzstich" einzuführen und ich werde mich ihrer als der sachlich richtigen in
den folgenden Ausführungen bedienen.

Daß der Holzstich die Technik ist, in der früher fast ausschliesslich, jetzt in stark
eingeschränktem Maße die Reproduktion von Zeichnungen und Gemälden, besonders
für die Illustration der Zeitschriften und Familienblätter gemacht wurde, ist allgemein
bekannt; aber nur sehr wenige wissen für die Beurteilung dieser Illustrationsstiche
den richtigen Standpunkt einzunehmen und sie werden auf der einen Seite ebenso
übertrieben günstig beurteilt, wie von der andern zu ungünstig.'' Es werden einerseits
ohne "Widerspruch recht mittelmäßige Stiche in Sonderdrucken als ..Meisterholzschnitte"
in den Buchhandel gebracht, andererseits wird diese Technik an und für sich als
unkünstlerisch, als nur zu fast mechanischer Reproduktion fähig, abgetan — besonders
von Seiten der Künstler, die gegen den Holzstich die gleiche Stellung einnehmen wie
früher der Lithographie gegenüber.

Da die Reproduktionsstiche das einzig vorhandene Anschauungsmaterial sind, um
die Technik des Holz-Stichs in der Anwendung kennen zu lernen, ist es zunächst
notwendig, zu ihrem Verständnis die Einflüsse, die für die Gestaltung des Illustrations-
stichs bestimmend waren, klarzulegen. Denn die Unkenntnis und Nichtberücksich-
tigung der maßgebenden Verhältnisse führt fortwährend dazu, dass von der einen
Seite die offenkundigen Mängel des Illustrationsstichs als von der Technik be-
dingt, als ihr an und für sich anhaftend angesehen werden, während die anderen
nur die Vorzüge dieser hochentwickelten Technik ins Auge fassen, deren Einseitigkeit
und Unfreiheit sie übersehen. Sie gelangen so zu der Ansicht, daß der Holzstich
auf einem Höhepunkt seiner Entwicklung steht. Demgegenüber sei es hier einem,
dem der Holzstich ein willkommenes Ausdrucksmittel seiner künstlerischen Absichten
ist, erlaubt, für den Holzstich einzutreten.

D er Berufsholzschneider, der Xylograph, erhält in der Regel nur eine handwerks-
mäßige, auf technische Fertigkeit gerichtete Ausbildung; er bringt also für seinen

* Man beachte z. B. die widersprechenden Ansichten, die von Edm. Schäfer und G. Eyb in den
Stuttgarter Mitteilungen Heft 2, 1904 05, Seite 85/94 und 95/103 vertreten werden, während in Heft 1,
1904/05, Seite 8/13 Dr. Kautzsch beiden Richtungen gerecht wird.

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