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Stuttgarter Mitteilungen über Kunst und Gewerbe — 1905-1906

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Muthesius, Hermann: Das englische Haus
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https://doi.org/10.11588/diglit.6371#0032
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alle aus dem eigenen Hause des Architekten Sidney Mitchell in Gullane bei Edinbtirg. Muthesius a. a. O. S. 207

stets hielten sich diese in dem Rahmen des Konstruktionsgemäßen. Das Gc
fühl für das Schickliche und Zweckmäßige ist in England so stark, daß
Extravaganzen, wie wir sie heute in Deutschland sehen, ganz ausgeschlossen
sind. Es ist für den Kenner englischer Verhältnisse geradezu unbegreiflich,
wie sich die ersten Aeußerungen dieses Jugendstils auf England berufen
konnten. Die in unseren Möbelmagazinen gezeigten Zimmer im englischen Stil
sind meistens genau das Gegenteil davon, was man sich in England unter
Möbel und Zimmerausstattung denkt. Weit davon entfernt, dem Gezierten zu
huldigen, sind die Möbel, die in England heute die Künstler entwerfen, primitiv,
ja sie verleugnen nicht ihre direkte Anknüpfung an das Küchenmöbel, das
einzige Möbel, an dem die Stiltreibereien des 19. Jahrhunderts spurlos vor-
übergingen. Einfachstes Gefüge, roh stehengelassenes Holz, urwüchsige Form
sind das Bezeichnende für das auf englischen kunstgewerblichen Ausstellungen
gesehene Mobiliar. Hier scheint das Wort, das William Morris aussprach,
maßgeblich zu sein: ..Von allen unnötigen Dingen, die heute vorhanden sind,
ist das unnötigste das Ornament."

Es muß hier gleich gesagt werden, daß diese von Künstlerhand gezeichneten
Möbel in England keinen nennenswerten Boden gefaßt haben. Sie sind, unter
den wirtschaftlichen Bedingungen des Kunstwerks hergestellt und daher mit
Kunstpreisen behaftet, auf einen kleinsten Kreis beschränkt geblieben. Bei der

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