Paris. Leider ist dessen
Nachfolger Berlin, dann
spielt München herein
und jetzt, so hoffen wir,
sind die ersten des lang
hingestreckten Zuges im
Vaterländle angelangt.
Nach den Gesetzen des
Falles geht's gegen's En-
de immer schneller, wo-
bei wir nach Till Eulen-
spiegelart das Abwärts
nicht einmal zu betrauern
uns herausnehmen, denn
sobald unser Fuß den
heimatlichen Boden be-
rührt, wird und muß es
mit schnellender Kraft
aufwärts gehen.
Also ein Partikulariste vom reinsten "Wasser! Welch kleinlicher, gar nicht
monumentaler Standpunkt, da die Kunst, die hohe, hehre doch international ist!
Nicht wahr, so lautet das schöne Sprüchlein? Diese flachste aller Redens-
arten kenne ich wohl und weiß, was davon zu halten ist. Nicht minder weiß
ich, daß keine Kunst von heute auf morgen erfunden und gewissermaßen ohne
Vater geboren wird, wie auch manche Leute meinen. Den Griechen waren
die Orientalen Kunstväter und jene den Römern und so ging's fort und so
wird's fortgehen. Zwischen dieser naturgemäßen und gesunden Beeinflussung
von außenher und der kraft- und saftlosen Fremdländerei, die wir durchzu-
machen die traurige Schwäche gehabt haben, ist doch ein gewaltiger Unter-
schied. Ueberdies scheint mir der Irrtum der Internationalen im "Wesentlichen
darin zu liegen, daß sie das Kunsthervorbringen und das Kunstgenießen
in ein Fach zusammenlegen. Jede kraftvolle künstlerische Produktion ist
aus sich selbst national, mehr als dies, ist stammeseigentümlich. Dagegen die
künstlerische Reception kann, besonders beim modern gebildeten Menschen,
international sein, so gut sie sich unabhängig machen kann von zeitlichen Ge-
schmacksrichtungen dies alles natürlich bis zu gewissen Grenzen: japanische
Kunst zum Beispiel zu genießen ist nicht jedes modernen Gebildeten Sache,
so wenig wie Dürers Kunst zu verstehen.
Es war durch Jahrzehnte der verhängnisvolle Irrtum, daß die italienische
Renaissance, als die Kunst an sich, nach jeder Richtung als vorbildlich und
überall nachahmenswert galt. Schlagend ist da ein Zitat aus dem vortreff-
lichen Buche Heinrich "Wölfflins, des würdigen Nachfolgers von Jakob Burk-
kardt, über die italienische Renaissance, das er .,die klassische Kunst" betitelte.
Dies Zitat hieherzusetzen kann ich mir nicht versagen, da ich damit auch hoffe,
dem Verdacht zu entgehen, als sei ich in teutonischer Verbissenheit das schöne
Fremde zu genießen nicht fähig. Wölfflin spricht davon, daß der Klassizismus,
im besonderen der italianisierende, deshalb nicht gedeihen konnte, „weil man
ein durch und durch national bedingtes (d. i. die italienische Kunst! d. V.)
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Nachfolger Berlin, dann
spielt München herein
und jetzt, so hoffen wir,
sind die ersten des lang
hingestreckten Zuges im
Vaterländle angelangt.
Nach den Gesetzen des
Falles geht's gegen's En-
de immer schneller, wo-
bei wir nach Till Eulen-
spiegelart das Abwärts
nicht einmal zu betrauern
uns herausnehmen, denn
sobald unser Fuß den
heimatlichen Boden be-
rührt, wird und muß es
mit schnellender Kraft
aufwärts gehen.
Also ein Partikulariste vom reinsten "Wasser! Welch kleinlicher, gar nicht
monumentaler Standpunkt, da die Kunst, die hohe, hehre doch international ist!
Nicht wahr, so lautet das schöne Sprüchlein? Diese flachste aller Redens-
arten kenne ich wohl und weiß, was davon zu halten ist. Nicht minder weiß
ich, daß keine Kunst von heute auf morgen erfunden und gewissermaßen ohne
Vater geboren wird, wie auch manche Leute meinen. Den Griechen waren
die Orientalen Kunstväter und jene den Römern und so ging's fort und so
wird's fortgehen. Zwischen dieser naturgemäßen und gesunden Beeinflussung
von außenher und der kraft- und saftlosen Fremdländerei, die wir durchzu-
machen die traurige Schwäche gehabt haben, ist doch ein gewaltiger Unter-
schied. Ueberdies scheint mir der Irrtum der Internationalen im "Wesentlichen
darin zu liegen, daß sie das Kunsthervorbringen und das Kunstgenießen
in ein Fach zusammenlegen. Jede kraftvolle künstlerische Produktion ist
aus sich selbst national, mehr als dies, ist stammeseigentümlich. Dagegen die
künstlerische Reception kann, besonders beim modern gebildeten Menschen,
international sein, so gut sie sich unabhängig machen kann von zeitlichen Ge-
schmacksrichtungen dies alles natürlich bis zu gewissen Grenzen: japanische
Kunst zum Beispiel zu genießen ist nicht jedes modernen Gebildeten Sache,
so wenig wie Dürers Kunst zu verstehen.
Es war durch Jahrzehnte der verhängnisvolle Irrtum, daß die italienische
Renaissance, als die Kunst an sich, nach jeder Richtung als vorbildlich und
überall nachahmenswert galt. Schlagend ist da ein Zitat aus dem vortreff-
lichen Buche Heinrich "Wölfflins, des würdigen Nachfolgers von Jakob Burk-
kardt, über die italienische Renaissance, das er .,die klassische Kunst" betitelte.
Dies Zitat hieherzusetzen kann ich mir nicht versagen, da ich damit auch hoffe,
dem Verdacht zu entgehen, als sei ich in teutonischer Verbissenheit das schöne
Fremde zu genießen nicht fähig. Wölfflin spricht davon, daß der Klassizismus,
im besonderen der italianisierende, deshalb nicht gedeihen konnte, „weil man
ein durch und durch national bedingtes (d. i. die italienische Kunst! d. V.)
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