Hummel & Förstner in Stuttgart, Projektierte Baugruppe oberhalb der Stafflenbergstraße.
Da hilft oder schadet auch das viele und schnelle Reisen nicht, eben
weil's viel und schnell ist. Vergleichst du eine Reise vom Jahre 1786 und
eine solche von heute mit dem D-Zug, Cookbilletts und allem anderen Kom-
fort, du wirst zugestehen müssen, daß hundert Reisende von heute ceteris
paribus — nötig wären, um das zu sehen, was jener Italienreisende von
1786 gesehen hat. Sehen und sehen ist eben der Unterschied und zum rich-
tigen Sehen braucht man Zeit und Muse, braucht vor allem Kultur. Kurz
ich glaube, daß die Summe der Errungenschaften für die ästhetische Kultur
aus den Reisen von heute nicht größer ist als die aus der Zeit vor den großen
Triumphen der Technik und deshalb scheint mir der Verkehr an sich durchaus
nicht hinderlich, in der Kunst national zu sein.
Bauen wir also schwäbisch!
Nun, fürchte ich, wird sofort die Stilfrage aufgeworfen. Welchen Stil also
wollen Sie, daß man anwende? Und ich gestehe offen, daß ich darauf keine
Antwort habe, denn diesem verderbenbringendsten aller Kunstschlagwörter
gegenüber müßte man so weit ausholen, wie weiland Herkules, als er es mit
der lernäischen Schlange zu tun hatte. Und wenn du alle 6 Köpfe, vom
byzantinischen bis zum Rokoko abgehauen, so erhebt sich flugs der siebente,
greulichste von allen: der Jugendstil.
Man hat Jahrzehnte lang rührende Lamentationen darüber anhören müssen,
wir hätten keinen Stil. Wir haben einen von dem Tage an, an dem man
aufhört, von „den Stilen'' zu schwätzen. Ganz natürlich, denn dann wird man
anfangen, nicht mehr nach dem Namen zu fragen, sondern das Wesen zu
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Da hilft oder schadet auch das viele und schnelle Reisen nicht, eben
weil's viel und schnell ist. Vergleichst du eine Reise vom Jahre 1786 und
eine solche von heute mit dem D-Zug, Cookbilletts und allem anderen Kom-
fort, du wirst zugestehen müssen, daß hundert Reisende von heute ceteris
paribus — nötig wären, um das zu sehen, was jener Italienreisende von
1786 gesehen hat. Sehen und sehen ist eben der Unterschied und zum rich-
tigen Sehen braucht man Zeit und Muse, braucht vor allem Kultur. Kurz
ich glaube, daß die Summe der Errungenschaften für die ästhetische Kultur
aus den Reisen von heute nicht größer ist als die aus der Zeit vor den großen
Triumphen der Technik und deshalb scheint mir der Verkehr an sich durchaus
nicht hinderlich, in der Kunst national zu sein.
Bauen wir also schwäbisch!
Nun, fürchte ich, wird sofort die Stilfrage aufgeworfen. Welchen Stil also
wollen Sie, daß man anwende? Und ich gestehe offen, daß ich darauf keine
Antwort habe, denn diesem verderbenbringendsten aller Kunstschlagwörter
gegenüber müßte man so weit ausholen, wie weiland Herkules, als er es mit
der lernäischen Schlange zu tun hatte. Und wenn du alle 6 Köpfe, vom
byzantinischen bis zum Rokoko abgehauen, so erhebt sich flugs der siebente,
greulichste von allen: der Jugendstil.
Man hat Jahrzehnte lang rührende Lamentationen darüber anhören müssen,
wir hätten keinen Stil. Wir haben einen von dem Tage an, an dem man
aufhört, von „den Stilen'' zu schwätzen. Ganz natürlich, denn dann wird man
anfangen, nicht mehr nach dem Namen zu fragen, sondern das Wesen zu
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