Ganzen-
müller,
Die Hand-
arbeiten.
Gust. Halmhuber, Handtuchbordüre, blau auf weißem, grobem Leinen in Kreuzstichstickerei.
D. Nr. 164 und 163.
mit der Kunststickerei. Nun griffen auch die Künstlerinnen wieder nach einer
Technik, die so lange als ausschließliches Gebiet der Frau gegolten hat und
die der weiblichen Eigenart ja auch ganz besonders entgegenkommt. Denn ein
gewisses Feingefühl für farbige und rhythmische Wirkungen eignet vielen Frauen
von Natur oder kann ihnen doch sehr leicht anerzogen werden.
Es fehlte freilich zu Anfang nicht an Geschmacklosigkeiten und mißglückten
Versuchen. Der gotischen und Renaissanceornamentik müde, wandte man
sich wieder ganz der Natur zu. Aber man hatte nun noch nicht den Mut,
Der Primitivismus, der
eine Zeitlang ein überall
gehörtes Schlagwort war,
machte sich auch in der
Handarbeit breit. Noch
bestärkt durch die Ideen
der Materialgerechtigkeits-
fanatiker, hielt man einige
Zeit hindurch allein das
Einfache, Anspruchslose
für schön; obwohl gerade
in Stickerei und Spitzen-
arbeit durch Subtilitäten
in Material und Technik
wunderbar feine und
reiche Wirkungen erzielt
werden können. Bei den
Kissen z. B. vergaß man
ganz, wie sehr sie durch
Puffen und Rüschen an
Feinheit und Zierlichkeit
gewinnen können. Wenn
auch hier in den Grund-
formen nichts Neues er-
sieh von ihr bloß neue
Eindrücke und Anreg-
ungen zu holen und diese
dann selbständig zu ver-
arbeiten. Man traute sich
sehr wenig zu, so wenig,
daß man die Natur ein-
fach sklavisch kopierte
und nicht wagte, neue,
eigene Formen zu suchen.
Es ist auch schließlich
kein Wunder, daß es so
ging, denn die Natur war
nach der langen Zeit der
„stilvollen Bestrebungen"
erst eigentlich wieder neu
entdeckt worden, und
man freute sich dieser
Entdeckung so, daß man
zunächst gar nicht da-
rüber hinaus verlangte.
Man fing im ganzen neu
an; in der Ornamentik so-
wohl als in der Technik.
119
müller,
Die Hand-
arbeiten.
Gust. Halmhuber, Handtuchbordüre, blau auf weißem, grobem Leinen in Kreuzstichstickerei.
D. Nr. 164 und 163.
mit der Kunststickerei. Nun griffen auch die Künstlerinnen wieder nach einer
Technik, die so lange als ausschließliches Gebiet der Frau gegolten hat und
die der weiblichen Eigenart ja auch ganz besonders entgegenkommt. Denn ein
gewisses Feingefühl für farbige und rhythmische Wirkungen eignet vielen Frauen
von Natur oder kann ihnen doch sehr leicht anerzogen werden.
Es fehlte freilich zu Anfang nicht an Geschmacklosigkeiten und mißglückten
Versuchen. Der gotischen und Renaissanceornamentik müde, wandte man
sich wieder ganz der Natur zu. Aber man hatte nun noch nicht den Mut,
Der Primitivismus, der
eine Zeitlang ein überall
gehörtes Schlagwort war,
machte sich auch in der
Handarbeit breit. Noch
bestärkt durch die Ideen
der Materialgerechtigkeits-
fanatiker, hielt man einige
Zeit hindurch allein das
Einfache, Anspruchslose
für schön; obwohl gerade
in Stickerei und Spitzen-
arbeit durch Subtilitäten
in Material und Technik
wunderbar feine und
reiche Wirkungen erzielt
werden können. Bei den
Kissen z. B. vergaß man
ganz, wie sehr sie durch
Puffen und Rüschen an
Feinheit und Zierlichkeit
gewinnen können. Wenn
auch hier in den Grund-
formen nichts Neues er-
sieh von ihr bloß neue
Eindrücke und Anreg-
ungen zu holen und diese
dann selbständig zu ver-
arbeiten. Man traute sich
sehr wenig zu, so wenig,
daß man die Natur ein-
fach sklavisch kopierte
und nicht wagte, neue,
eigene Formen zu suchen.
Es ist auch schließlich
kein Wunder, daß es so
ging, denn die Natur war
nach der langen Zeit der
„stilvollen Bestrebungen"
erst eigentlich wieder neu
entdeckt worden, und
man freute sich dieser
Entdeckung so, daß man
zunächst gar nicht da-
rüber hinaus verlangte.
Man fing im ganzen neu
an; in der Ornamentik so-
wohl als in der Technik.
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