A. Burk-
hardt, Der
Holzstich.
A. Burkhardt in Stuttgart, Zarathustra. Holzstichskizze. D. Nr. 62S.
Ein Vergleich mit der Radierung mag weiter dazu beitragen, die Besonderheit
des Holzstichs zu beleuchten. Eine schwarze Linie in Holzstich steht hart schwarz
auf weißem Grund, eine Linie der Radierung kann vom lichtesten Grau bis ins tiefste
Schwarz gehen, aber sie hat immer etwas viel Weicheres. Das gibt der Radierung
den Zauber feinster Stimmung, der erhöht werden kann durch die "Wirkung des Aetzens
und die Möglichkeit verschiedenen technischen Einwirkens auf ein und dieselbe Platte.
In der Radierung hat schon die Technik an und für sich etwas Bestechendes, sie um-
hüllt, was sie darstellt, wie mit einem besonderen Duft, der die Dinge nicht in voller
körperlicher Schwere erscheinen läßt.* Ihr gegenüber erscheint der Holzstich von
viel größerer Einfachheit, Schwere und Bestimmtheit: jeder Stich, jede Linie liegt bei
ihm unvermittelt zu Tage und läßt sich in Art und Wirkung verfolgen. Diese Deut-
lichkeit gibt dem Holzstich die Fähigkeit, mit sehr einfachen Mitteln ungemein
charakteristisch zu sein und die Außenseite der Dinge, ihre stoffliche Besonderheit
mit großer Eindringlichkeit darzustellen: er ist in dieser Beziehung auch der voll-
kommene Gegensatz — oder wenn man will, die Ergänzung — zur Lithographie,
welche die Dinge nicht stofflich auseinanderzuhalten vermag und die deshalb auch
heute mit Recht als reine Schwarzweißkunst so gut wie gar nicht mehr ange-
wandt wird.
Außer dem Charakteristischen kann auch, was man das Malerische zu nennen pflegt,
im Holzstich in gewissen Grenzen zu starkem Ausdruck gelangen: ihm entspricht das
Malerisch-Plastische, während die Stärke der Radierung das Malerisch-Stimmungsvolle
ist. Sollen seine Töne nicht die Leuchtkraft verlieren, von der starke malerische Wir-
kung abhängig ist — malerische Feinheit wird man immer besser mit der Radierung er-
* Man betrachte nur nach dieser Hinsicht etwa die Originalradierung von Hollenberg, die Heft 2
1904 05 als Titelbild beigegeben war.
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hardt, Der
Holzstich.
A. Burkhardt in Stuttgart, Zarathustra. Holzstichskizze. D. Nr. 62S.
Ein Vergleich mit der Radierung mag weiter dazu beitragen, die Besonderheit
des Holzstichs zu beleuchten. Eine schwarze Linie in Holzstich steht hart schwarz
auf weißem Grund, eine Linie der Radierung kann vom lichtesten Grau bis ins tiefste
Schwarz gehen, aber sie hat immer etwas viel Weicheres. Das gibt der Radierung
den Zauber feinster Stimmung, der erhöht werden kann durch die "Wirkung des Aetzens
und die Möglichkeit verschiedenen technischen Einwirkens auf ein und dieselbe Platte.
In der Radierung hat schon die Technik an und für sich etwas Bestechendes, sie um-
hüllt, was sie darstellt, wie mit einem besonderen Duft, der die Dinge nicht in voller
körperlicher Schwere erscheinen läßt.* Ihr gegenüber erscheint der Holzstich von
viel größerer Einfachheit, Schwere und Bestimmtheit: jeder Stich, jede Linie liegt bei
ihm unvermittelt zu Tage und läßt sich in Art und Wirkung verfolgen. Diese Deut-
lichkeit gibt dem Holzstich die Fähigkeit, mit sehr einfachen Mitteln ungemein
charakteristisch zu sein und die Außenseite der Dinge, ihre stoffliche Besonderheit
mit großer Eindringlichkeit darzustellen: er ist in dieser Beziehung auch der voll-
kommene Gegensatz — oder wenn man will, die Ergänzung — zur Lithographie,
welche die Dinge nicht stofflich auseinanderzuhalten vermag und die deshalb auch
heute mit Recht als reine Schwarzweißkunst so gut wie gar nicht mehr ange-
wandt wird.
Außer dem Charakteristischen kann auch, was man das Malerische zu nennen pflegt,
im Holzstich in gewissen Grenzen zu starkem Ausdruck gelangen: ihm entspricht das
Malerisch-Plastische, während die Stärke der Radierung das Malerisch-Stimmungsvolle
ist. Sollen seine Töne nicht die Leuchtkraft verlieren, von der starke malerische Wir-
kung abhängig ist — malerische Feinheit wird man immer besser mit der Radierung er-
* Man betrachte nur nach dieser Hinsicht etwa die Originalradierung von Hollenberg, die Heft 2
1904 05 als Titelbild beigegeben war.
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