reichen — so werden seine
Linien meist in einem
Zuge der Form folgen müs-
sen und dürfen nicht über-
arbeitet werden; zarte
Uebergänge, leise Abstu-
fungen können dabei nicht
zur Geltung kommen und
es drängt sich die Notwen-
digkeit des Zusammen-
haltens des "Wesentlichen
der Form, das Plastische
— neben dem Malerischen
von selber auf. Diese Aus-
führung wird weniger un-
bestimmt erscheinen, wenn
man einen guten Holzstich,
etwa einen Kopf, mit einer
Radierung gleichen Gegen-
stands zusammenhält.
Es ist noch der Holz-
stich nach der spezifisch
graphischen Seite als
..Griffelkunst'' zu betrach-
ten: darüber nur kurz ein
paar Worte. Hat man
z. B. einen nackten mensch-
lichen Körper in Holz-
stich, so bedingt das Ver-
hältnis zwischen weißen
und schwarzen Linien den
Gesamtton, ihre Abstu-
fungen geben die Modellie-
rung: diese Linien führen
aber auch das Auge, sie
weisen und deuten. Folgen
sie mit ihrem Zuge der
Form, so können sie zunächst diese zu stärkerer Erscheinung bringen oder auch
ihre Aktion (Spannung, Ruhe der Muskeln), darüber hinaus zuletzt auch außer-
halb der sinnlichen "Wahrnehmung Liegendes, geistige und seelische Beziehungen, an-
deuten. So kann etwa durch Starrheit der Linien in Art und Führung seelische
Härte, Unerbittlichkeit,* durch Zartheit und "Weichheit das Gegenteil angedeutet
werden und ähnliches. Für sich allein werden derartige Dinge nicht immer genügend
stark zum Ausdruck kommen, sie werden durch in Beziehung setzen zu andern
"Wirkungen oder durch Gegensätze, durch den Gesamtinhalt eines Blattes bis zur
Deutlichkeit beleuchtet werden müssen. "Wenn die Radierung viel von der Beleuch-
tung und Stimmung des Traumes hat (ich erinnere an Blätter wie die „Verkündigung
an die Hirten'', „Die drei Kreuze" von Rembrandt, an viele Blätter von Klinger) so hat
der Holzstich stärkere Unmittelbarkeit, er läßt weniger ahnen, er gibt mehr Greif-
bares, er tritt gleichsam stärker mit den Füßen auf: die Grabstichelarbeit auf Kupfer
steht zwischen beiden etwa in der Mitte.
Bei Zuhilfenahme mehrerer Platten vermehren sich die Anwendungsmöglichkeiten
des Holzstichs fast ins Unendliche: es muß hier ein kurzer Hinweis genügen, wie auch
auf den farbigen Holzstich nicht eingegangen werden kann.
Außer den optischen "Wirkungen einer Technik ist ihre Eigenart noch wesentlich
bedingt durch die Arbeitsweise, welche das Material und die "Werkzeuge mit sich
* Etwas dieser Art versuchte ich in den Armen des Schnitters S. 175 zu geben.
A. Burk-
hardt, Der
Holzstich.
Zur Kirche. Holzschnitt aus dem Atelier von D. Nr. 645.
Gedan nach dem Gemälde von S. Glücklich.
176
Linien meist in einem
Zuge der Form folgen müs-
sen und dürfen nicht über-
arbeitet werden; zarte
Uebergänge, leise Abstu-
fungen können dabei nicht
zur Geltung kommen und
es drängt sich die Notwen-
digkeit des Zusammen-
haltens des "Wesentlichen
der Form, das Plastische
— neben dem Malerischen
von selber auf. Diese Aus-
führung wird weniger un-
bestimmt erscheinen, wenn
man einen guten Holzstich,
etwa einen Kopf, mit einer
Radierung gleichen Gegen-
stands zusammenhält.
Es ist noch der Holz-
stich nach der spezifisch
graphischen Seite als
..Griffelkunst'' zu betrach-
ten: darüber nur kurz ein
paar Worte. Hat man
z. B. einen nackten mensch-
lichen Körper in Holz-
stich, so bedingt das Ver-
hältnis zwischen weißen
und schwarzen Linien den
Gesamtton, ihre Abstu-
fungen geben die Modellie-
rung: diese Linien führen
aber auch das Auge, sie
weisen und deuten. Folgen
sie mit ihrem Zuge der
Form, so können sie zunächst diese zu stärkerer Erscheinung bringen oder auch
ihre Aktion (Spannung, Ruhe der Muskeln), darüber hinaus zuletzt auch außer-
halb der sinnlichen "Wahrnehmung Liegendes, geistige und seelische Beziehungen, an-
deuten. So kann etwa durch Starrheit der Linien in Art und Führung seelische
Härte, Unerbittlichkeit,* durch Zartheit und "Weichheit das Gegenteil angedeutet
werden und ähnliches. Für sich allein werden derartige Dinge nicht immer genügend
stark zum Ausdruck kommen, sie werden durch in Beziehung setzen zu andern
"Wirkungen oder durch Gegensätze, durch den Gesamtinhalt eines Blattes bis zur
Deutlichkeit beleuchtet werden müssen. "Wenn die Radierung viel von der Beleuch-
tung und Stimmung des Traumes hat (ich erinnere an Blätter wie die „Verkündigung
an die Hirten'', „Die drei Kreuze" von Rembrandt, an viele Blätter von Klinger) so hat
der Holzstich stärkere Unmittelbarkeit, er läßt weniger ahnen, er gibt mehr Greif-
bares, er tritt gleichsam stärker mit den Füßen auf: die Grabstichelarbeit auf Kupfer
steht zwischen beiden etwa in der Mitte.
Bei Zuhilfenahme mehrerer Platten vermehren sich die Anwendungsmöglichkeiten
des Holzstichs fast ins Unendliche: es muß hier ein kurzer Hinweis genügen, wie auch
auf den farbigen Holzstich nicht eingegangen werden kann.
Außer den optischen "Wirkungen einer Technik ist ihre Eigenart noch wesentlich
bedingt durch die Arbeitsweise, welche das Material und die "Werkzeuge mit sich
* Etwas dieser Art versuchte ich in den Armen des Schnitters S. 175 zu geben.
A. Burk-
hardt, Der
Holzstich.
Zur Kirche. Holzschnitt aus dem Atelier von D. Nr. 645.
Gedan nach dem Gemälde von S. Glücklich.
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