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Wcmdmalereien dritten und vierten Stils.

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dekoration gewesen sein, da ein vierter Stil, der in Pompeji etwa in neronischer Zeit die
Oberhand über den angnsteischen gewauu, uninittelbar au den zweiten Stil ankunpft nnd allein
Anschein nach schon von Vitruv, dein Banineister zur Zeit Augnstus, gekannt uud beküinpft tva-rd.
Wieder handelt es sich, wie bei dein zweiten Stil, um möglichste Erweiternng des Ranines,
wozu nun aber ein phantastisches Spiel nüt düunen, künstlichen, nninöglichen Architektnrformeu
getrieben wird, ein stetes Durchbrechen der Wand durch perspektivische Dnrchblicke. Anf Dnrch-
sichteu war ja die ganze Architektnr des Hauses berechnet (Fig. 203 f.); es mag dieser Umstand
auf die Vorliebe sür perspektivische Dekorationsmalerei Einslnß geübt haben. Eine andere Ein-
ünrkung kain von seiten der Bühne, deren scenische Herrichtung sich in inanchen Wanddekorationen
widerspiegelt. Hand in Hand init der Auflösung der architektonischen Gestaltung geht eine etwas
protzenhafte Vorliebe für prnnkende,
oft schreiende Farben. Die von den
Architektnrspielen init ihren luftigen
Bogen nnd dünnen Friesen frei-
gelassenen Wandflächen erstrahlen in
Zinnober, Safran, Blau, Pnrpur,
die Architektnrglieder gern in Gelb.

Allerlei Gradnnterschiede uud Ent-
wickelnngsstufen lassen sich unter-
scheiden (Fig. 210 noch ziemlich ein-
fach), iin gauzen ist dieser Stil, der
in den letzteu Jahrzehnten Pompejis
allein herrschte, ein treuer Ausdrnck
der ansgeregten nnd genußsüchtigen
neronischen Zeit; er ist es, der nns
Modernen vor Augen steht, wenn
wir von pompejanischen Wünden
sprechen. Auch in den Resten der
Thermen Neros in Rom kehrt er
wieder, wenn anch etwas vornehmer
und gehaltener als in derProvinzial-
stadt. Die zahllosen Bilder, groß
und klein, die, lose oder umrahmt,
über die bunten Wüude zerstrent sind,
sowie die Einzelsignren in den Architektnren sind flott, vielfach sehr flüchtig, mit derbem Esfekt
gemalt. Fehlt es anch dnrchans nicht an besseren nnd ernsteren Stücken, so herrscht doch im
ganzen ein freier Ton, eine nngebnndene späthellenistische Stimmnng, eine große Vorliebe für
nackte Gestalten (Fig. 211).

Trotz aller Müngel und Uebertreibnngen dieses letzten Stils ist doch die Gesamtwirknng
der pornpejanischen Wanddekoration bedentend und durchnus in Uebereinstimmung mit der um-
gebenden farbensatten Natnr. Die Ausführnng des malerischen Schmnckes (anf nassem, trefslich
vorbereitetem Bewurfe, al kreseo) ossenbart verschiedene Grade der Vollkommenheit; von einer
guten Schnle zeugt die meistens glücklich erreichte Farbenharmonie. Dnrch helle Trennnngs-
linien, durch eingestreute kleinere schwarze Flächen lverden schroffe Gegensätze vermieden; an dem
einen Wandteile dominierende Töne klingen leise in den anderen wieder, das richtige Verhültnis
der Jntensitüt der Farbe zum Flüchenmaße (je intensiver die Farbe, desto geringer ihre rünmliche

Fig. 211. Bcnus und Adouis. Waudgeinälde „vierteu Stils"
nus der Casa dei Capitelli colarati in Pompeji.
 
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