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ü. Der Orient. 4. Phömzien und Kleinasien.

aur Blattiiberfall uud eiu Palmurtiger Kelch, beide durch eiue Perlcmschntlr verbililden; dauil falgt
eiil hohes gerieftes Glied mit aufrechtstehenden doppelteil Voluten vder Wiudungen zur Seite,
als Übergaug zum eigentlichen Tierkapitell (Fig. 70 n). Das Rütselhafte dieser Forin fcheiut
zu schwindeu, ivenu inan die ügyptischen Ziersüuleu mit ihreul reicheu Blatt- lmd Voliltenschulucke
ihr zur Seite stellt (Fig. 71); alles Leichte, Bewegliche scheillt iil das Steife uud Harte über-
trageil zu seiu. Judessen ist eiue wohl uoch nühere Anknüpfung weiligsteus für Blattüberfall und
Kelch iu eigentümlichen Kapitellen gegebeu, die lleuerdiugs auf dem Boden der kleinasiatischeil
Aeolis (Neandreia) gefuudeil worden siild (Fig. 72). Sie weisen auf eine ziemlich alte üolische
Ailsbilduug des Kapitells hin, die sehr verwaudte Eleiileute wie das persische Kapitell enthült
uud dieseul lvohl zum Mnster gedieut hat.

So ofseubart die persische Kunst eiile starke Fühigkeit, sreiude Züge allfzunehmen und
luannigfach zu verflechteu. Sie verliert dadurch aber uicht ihre Lebenskrast, bildet vielmehr
für das spütere Weltalter des Orients eiuen fruchtbaren Boden.

4. Phönizien und Kleinasien.

Die Stammesherrschaft ivar allmühlich von Westen uach Osteu, vou Assyriern zu Mederu
uild Perseru gewandert. Der Zug der weltgeschichtlicheil Beweguug ging aber unverrückt nach
Westeu, dem Meere eutgegeu. Dorthiil führten die großen Völkerstraßen, ailf den Besitz der
Küstenlaude waren die Absichteu der Weltmouarchiell gerichtet, dem östlicheu Beckeil des Mittel-
ineeres strebten die wichtigsteu Karawauen uud die gewaltigsten Heeresmassen mit gleichem Eifer
zu. Hier ist der ivahre Schauplaß uuserer ülteren Weltgeschichte. Der reicheren Bodengliederuug
eutspricht die größere Zahl von Vötkerindividileu, die miteiuander ül manuigfachenl Austailsch der
Gedanken nnd der Güter lebeu uud, wenu sie sich auch oft bekümpfeu, doch aufeiilauder auge-
wiesen bleibeu. Die ursprüugliche Eigentüiulichkeit wird allmühlich gemildert und abgeschlifsen;
zur besonderen Stamiuesbilduug gesellen sich fremde Kultureinflüsse. Es begegneten sich auf
syrischeul und kleinasiatischeiu Boden die assyrische und die ägyptische Macht uud beide ließeil
hier auch eiuzelne Spureil ihrer Kunstthütigkeit zilrück.

Phönizier. Von großer Bedeutuug erscheült die veriuittelllde Wirksainkeit der schisf-
küudigeu, handeltreibendeu Phönizier. Sie umfaßte den ganzeil damaligen Weltkreis, riß die
einzelnen Stümme aus ihrer Vereinzeluilg, brachte überall nene Elemente der materielleil, ost
auch der religiösen nud künstlerischeu Kultur hin. Die Phönizier, bald mit den Judeil iin
Mittelalter, bald mit den moderilen Engländern verglichen, den einen verwandt durch den rast-
loseu, schmiegsamen Handelsgeist, den anderen beinahe ebenbürtig durch ansehnlichen Kolouialbesitz,
wareu, was Phantasie betrisft, mttßig begabt. Die Geschichte der Baukunst weiß von ihnen kanin
ulehr zu rühmen, als ihre wnnderbare Geschicklichkeit im Qnaderbau. Die von ihnen errichteteil
Manerwerke erscheiuen wie aus eiueul Gusse, so tresflich sind sie gefügt. Fulldalnentmaueru, aus
riesigen Quadern aufgetürmt (Tempel von Jerusalem? Baalbek), aus dem lebendigen Felsen gehanene
Riesensockel, auf deneu sich Tabernakel oder kleine Kapellen, die Behälter göttlicher Symbole,
erheben, wie z. B. das Tabernakel von Amrith oder Marathos, die über Felsgräbern errichteteil
Deukmale, wie das kreisrunde, scheinbar gewölbte zn Amrith (Fig. 73), reicher gegliedert und
mit Zahilschnitteil nnd Zinnen verziert, iinmerhin aber noch massig und schwer, beweisen ihre
tüchtige technische Kraft. Eigentliche künstlerische Begabung kanu aber, so weit unsere Knnde reicht,
den Phöniziern nicht zngesprochen werdeu. Die Teiupelalllagen beschränkeu sich anf einen ge-
 
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