Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0045
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4. Die Romantiker.

25

Reize der nordischen Natur empfänglich, die ihm Gelegenheit boten, seine Farbenkunst zu ent-
wickeln. Ebensowenig hinderten ihn seine stilisierenden Tendenzen, die Natur scharf zu beob-
achten und auch in Einzelheiten mit außerordentlicher Wahrheit wiederzugeben.

Die Romantiker.
Äußere und innere Gründe stempelten Rom im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts zur
Hauptstadt deutscher Kunst. Wohl waren auch hier die öffentlichen Zustände beklagenswert,
die Armut groß, die Zahl der Kunstfreunde gering. Doch blieb der Phantasie im Angesicht
der Reste alter Herrlichkeit die Flucht aus der Gegenwart möglich. Hier allein fand die
Sehnsucht nach Stil an den antiken Mustern einen richtigen Wegweiser und, wenn sie abzuirren
drohte, einen kräftigen Mahner. Das alles fehlte den Künstlern auf deutschem Boden. Die
klassische Kunstweise wurde scheinbar auch hier an einzelnen Akademien gepflegt, aber nicht in
dem Sinne, wie der römisch-deutsche Kreis feit Carstens sie auffaßte, sondern nach der älteren
manierierten Art, schablonenmäßig,
ohne alle Spur Poetischer Begeiste-
rung und wahrer Empfindung. Einen
kräftigeren Anstoß zur Belebung des
klassischen Stils versuchten die Wei-
marischen Kunstfreunde unter Goethes
Auspizien und unter dem tätigen
Beistand seines Freundes und Kunst-
beraters Johann Heinrich Meyer aus
Zürich (Abb. 31) zu geben. Sie be-
lehrten in den „Propyläen" durch
feinsinnige Aufsätze die Außenstehen-
den über die rechten Ziele der Kunst,
sie stellten den Künstlern selbst Auf-
gaben und verteilten (1799—1805)
für die besten Lösungen Preise. Gegen
den Hang zum Platten, Natürlichen,
Sentimentalen kämpften sie an und
empfahlen Gegenstände der Darstel-
lung, die schon durch ihren Inhalt
bedeutsam, überdies Malern und
Bildhauern gleich günstig find.
Namentlich die antike Sagenwelt und
die griechischen Dichtungen erschienen
ihnen am besten geeignet, die Phan-
tasie zu beleben. „Homers Gedichte
sind von jeher die reichsten Quellen
gewesen, aus denen die Künstler
Stoff zu Kunstwerken geschöpft haben.
Vieles ist bei Homer so lebendig, so
einfach und wahr dargestellt, daß der
bildende Künstler bereits halbgetane
Arbeit findet." Kein Zweifel regt

30. Die Sirenen, von F. Preller. Weimar, Museum.
 
Annotationen