Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0104
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
82

Zweiter Abschnitt: 1819—1850.


86. Die Flucht nach Ägypten, von A. G. Deccnnps.
(Phot. Braun L Cie.)

und durften nicht völlig übergangen werden. Mit dieser Wiederbelebung der monumentalen
Malerei hängt teilweise auch das Zurückgreifen auf den christlichen Gedankenkreis zusammen.
Unter den Bauten, die der Malerei zur Ausschmückung überwiesen wurden, befanden sich auch
zahlreiche Kirchen. Doch würde man irren, wollte man aus diesem äußeren Umstand allein die
Wandlung der Anschauungen erklären. Nachdem seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts
das Positiv religiöse Element in der Bildung immer mehr zurückgedrängt worden war, begann
zuerst in leisen Anfängen während der Restaurationsperiode, dann aber unter Louis Philipp
immer stärker und mächtiger der kirchliche Sinn und die christliche Gläubigkeit auch in gebildeten
Kreisen zu wachsen. Wie der Staat mit der Kirche und ihren Institutionen wieder rechnen
mußte, so empfand auch die Gesittung, die literarische und künstlerische Kultur den Einfluß des
wiedererwachten kirchlich-christlichen Lebens.
Delacroix gehört zu den ersten Malern, die das eroberte Algier künstlerisch verwerteten.
Im Jahre 1831 begleitete er eine französische Gesandtschaft an den Hof des Kaisers von
Marokko. Land und Leute begeisterten ihn; sand er doch hier durch die Natur die Richtigkeit
seiner künstlerischen Grundsätze bestätigt und, was er bisher von Farbenwirkungen geahnt hatte,
verwirklicht. In den „algerischen Frauen in ihrem Gemach" (1834) legte er die Früchte seiner
Studien am glänzendsten nieder. Dies Gemälde ist zugleich das Werk, das seine malerische
Praxis am deutlichsten versinnlicht. Der Vorgang ist an sich völlig gleichgültig. Drei Odalisken
sitzen auf Polstern, mit dem Nargileh in den Händen. Eine Negerin, im Rücken gesehen, ver-
läßt das Gemach. Aber über das Ganze ergießt sich der reichste Strom von Licht und Farbe.
Die Fayencetafeln, welche die Wände bedecken, der Mosaikfußboden, die schillernden Seiden-
 
Annotationen