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Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0264
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222

Dritter Abschnitt: 1850—1870.


238. Mondscheinlandschaft, von Anton Burger.
zeigte sich bei seinen Vertretern die Einwirkung des Schrifttums, sie wollten selber Dichter
sein und singen an zu fabulieren, kleine freundliche Geschichten, harmlose Novellen, heitere Lust-
spielszenen zu erfinden. Bürkel und Kanffmann hielten sich davon noch einigermaßen frei, die
andern aber schlugen resolut diesen Weg ein, den Wilkie so nachdrücklich empfohlen hatte, und
der seines Erfolges beim Publikum sicher war. Zugleich änderte sich der Ton der Erzählung.
Die gemütvolle Traulichkeit wich einer schärferen, aber auch kleinlicheren Charakteristik, Spitzwegs
Jean Paul-Humor einem Hang zum Witz und Geistreichtum, der sich weniger an das Empfinden
als an den Verstand wendet. Diese Art der Genremalerei hat ebenso wie die Historienkunst
Jahrzehnte hindurch eine so unheimliche Fruchtbarkeit entfaltet, sie ist dabei so sehr in eine
leere, äußerlichen Effekten nachjagende Routine verflacht und dadurch der Verbreitung künstle-
rischen Geschmacks in Deutschland so hinderlich gewesen, daß der Rückschlag gegen ihre einstige
Überschätzung nicht ausbleiben konnte. Der Unwille über die Süßlichkeiten und Herzigkeiten,
mit denen sie schließlich die Besucher der Ausstellungen und Kunsthandlungen anzulocken suchte,
führte sogar den malerischen Qualitäten ihrer besseren Vertreter gegenüber lange Zeit zu Un-
gerechtigkeiten, die sich erst jetzt wieder zu regulieren beginnen. Unter diesen Verhältnissen hat
auch die hervorragendste Persönlichkeit dieses Kreises gelitten: Ludwig Knaus (geb. 1829),
der aus der Düsseldorfer Schule hervorging und sich früh mit den holländischen Meistern vertraut
gemacht hat, der aber seine bedeutende technische Ausbildung einem langjährigen Aufenthalt in
Paris verdankte. „Das ganze Talent Deutschlands", meinte 1855 ein französischer Kritiker,
„ist in der Person des Herrn Knaus enthalten." Er hatte dabei gewiß in erster Linie das
vorzügliche malerische Können im Ange, das der Deutsche sich angeeignet hatte. In der Tat
hat Knaus außerordentlich viel dazu beigetragen, bei uns den Farbengeschmack und das Ver-
ständnis für koloristische Feinheit, für sorgsame Behandlung des Details bei geschlossener Bild-
wirkung zu heben. Namentlich in seinen älteren Bildern ist er im Ton sehr interessant; später
 
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