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Pausanias nur darauf hin und verschweigt den Beweggrund zu der häufigen Anbringung des Giebels auf
Gräbern, der in der Apotheose oder Vergötterung der Todten besteht. Die Gestalt solcher Denkmale
lässt sich offenen Triumphthoren vergleichen, sie sollte die Gräber als heilige Pforten der Unsterblichheit,
Eingänge zu den Götterhäusern und dem höheren Leben, symbolisch bezeichnen; denn dahin gelangten,
der Metempsychose und der Mysterienlehre gemäss, die geläuterten Seelen der Abgeschiedenen, und dazu
schickte sich trefflich die gebräuchliche kurze Aufschrift des gehaltvollen Wortes %uIqe -, Freue dich!
neben dem Namen des Verstorbenen. Die Darstellung einer bald geschlossenen, bald etwas geöffneten
Pforte, als des Hausthores des Hades, kommt auf manchem Todtendenkmale vor.

No. 3. Ebenerwähnter Marmorgiebel vom sicyonischen Grabmal im Heiligthum bei Epidaurus, aus
einem Standpuncte aufgenommen, wo sich zugleich Vor -, Unter-und Seitenansicht wahrnehmen lassen, welche
zur Beurtheilung des Ganzen gnügen, indem die Rückseite eine blosse glatte Fläche darbietet. Die Ein-
fassung des Giebels besteht in einem anmuthig geschlungenen architektonischen Zierrath von flach erhabener
Arbeit, welcher, sich an der Giebelspitze theilend, in der Mitte des Giebelfeldes einen besonderen Schmuck
von schmalen Leisten bildet und, unten am Rande fortlaufend, an den Giebelfenstera wieder in sich
selbst zurückkehrt. Gleich freistehenden Ziegelköpfen des Giebels, rings behauen, und an die hintere
Marmorplatte anstossend, ragen oben aus dem Zierrath Palmetten, von denen die mittelste und die äusser-
sten durch Grösse sich unterscheiden, und Lotosblumen, die an gesenkten Stengeln zwischen ihnen blühen,
hervor. Auf diesen Stengeln sitzt rechts und links ein Vogel oder Manensinnbild, um des Denkmals
Bestimmung zu bezeugen, und hin und wieder füllen Rosen und Doppellilien die Ecken und leeren
Zwischenräume. Das Ganze erscheint, wie bei kleinen Denkmalen geziemend ist, als ein festliches, regel-
freies und anmuthiges Spiel der Phantasie des griechischen Baukünstlers.

No. 4. Stirnziegeln ähnlicher Zierrath über einer marmornen Grabstele vom böotischen Orchomenos,
in Hochrelief auf eingebogener Grundfläche zwei, aus einem Busch von Akanthosblättern vorspriessende,
Stengel nebst gewundenen Auswüchsen darstellend, welche symmetrisch zusammentreten, doppelte Reihen
von Blüthenblättern entfalten und oben in Fächerform gleich einer Palmette sich vereinigen. Von der
Anbringung solcher doppelter Palmetten ist dieses das erste und einzige Beispiel.

Taf. V.

No. 1. Dreieckiger Gipfelzierath einer Grabstele aus Athen von weissem pentelischem Marmor,
mit eingegrabenen Umrissen, Farbenanstrich und Vergoldung. Auf der weissen Grundfläche desselben
spriessen aus verschlossenen, vielleicht grünbemalten, Akanthosblättern zwei gewundene, goldene Stengel
empor, an welchen goldene Blätterstiele, halb rothe, halb blaue Blumen tragend, zu beiden Seitenecken
sich herab schlingen, und zwischen diesen Stengeln erhebt sich eine goldene, in der Mitte roth eingefasste
Palmette zu der oberen Ecke. In dem untenstehenden Kranzgesimse erblickt man unter einer weissen
Binde einen abwechselnd roth und blau gefärbten, mit goldenen Einfassungen und Pfeilspitzen versehenen
Eierstab.

No. 2. Gemälde Randverzierung eines thönernen Sargziegels aus Athen, ehemals in des Consuls
Fauvel Sammlung. Ueber der in der Mitte auf bellgelbem Grunde angebrachten, breiten Binde von grossen,
schwarzen Palmetten und Lotosblumen, die mit einzelnen rothen Kanten geschmückt sind, steht hier ein
schwarzer, auf schmalem, rothem Streif gemalter Mäander; unter derselben Binde aber ein schwarzer auf
gelbem Grunde, mit einzelnen rothen Kanten geschmückter Mäander als Einfassung, Solche Sargziegel
haben, wie aus mehreren Beispielen deutlich erhellt, früher au Tempeln zur Bedachung gedient.
 
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