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Skulptur.

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christlicher Archäologen geplanten Corpus monumentorum christianorum zu rasch heran-
zugehen. In der Tat sind noch viele Vorarbeiten nötig, auch für die Unter-
abteilung der Sarkophage. Diese Vorarbeiten würden aber erst richtig Ziel und Plan
gewinnen, wenn sie bereits im Rahmen und unter den Gesichtspunkten des großen
Unternehmens gemacht würden. Damit nun die Sarkophagforschung den ihr bisher
fehlenden festen Boden unter die Füße bekomme, ist es unerläßlich, daß mit dem
Gedanken der christlichen Antike Ernst gemacht werde. Zwar scheint einem die
christlichen mit den heidnischen Steinsärgen vereinigenden Corpus sarcophagorum anti-
quorum der Weg versperrt; aber es bleibt die Möglichkeit, die künftige Gesamt-
herausgabe der christlichen Sarkophage zu der großen Institutspublikation der „Antiken
Sarkophagreliefs“ wenn nicht äußerlich, so doch innerlich in enge Beziehung zu setzen,
in solchem inneren Zusammenhang entstehen zu lassen. Damit ist denn die praktische
Folgerung schon angedeutet, die es nur noch auszusprechen gilt. Ein so großes und
bedeutsames wissenschaftliches Unternehmen verlangt, wie das schon der erwähnte
Kongreß aussprach, das Zusammenwirken vieler Kräfte. Nun hat auf dem gemeinsamen
Boden der Wissenschaft von jeher ein freundliches Einvernehmen und Zusammenwirken
zwischen den Gelehrten des Archäologischen Instituts und den christlichen Archäologen
Roms gewaltet; es braucht nur an das leuchtende Dioskurenpaar Theodor Mommsen
und Giambattista de Rossi erinnert zu werden und an die wechselseitige Förderung,
wie sie christliche Archäologen beider Konfessionen vom Institut, klassische Archäologen
von den römischen Gelehrten erfuhren. Das Institut vermöchte wohlvorgeübte Kräfte
zu dem gemeinsamen Werke bereit zu stellen. Dieses selbst würde ein bleibendes
Denkmal großen wissenschaftlichen Geistes sein. Allen etwa zu befürchtenden Schwierig-
keiten würde von vornherein begegnet, wenn die Publikation nur den tektonischen und
stilkritischen Gesichtspunkten nachginge und von der Interpretation ganz absähe; die
bildlichen Typen wären rein formal zu ordnen, die Literatur natürlich vollständig mit-
zuteilen.1)
All dergleichen bleibt anderen überlassen, wir wenden uns sofort zum ersten
Abschnitt unserer Studie, zur Tektonik der altchristlichen Sarkophage.
Auf das Technische der Skulptur brauchen wir nicht einzugehen, da war kein
Unterschied bei der heidnischen und der christlichen Antike; die Bildhauer haben die
gewohnte Meißelführung nicht geändert, weder wenn sie christliche Sujets darstellten
noch wenn sie für ihre Person die Taufe annahmen. Wenn die Masse der christlichen
Sarkophage schließlich doch einen andern Eindruck macht, als die Masse der heid-
nischen, so liegt es daran, daß jene im ganzen jünger sind als diese; und mit den
Zeiten wechseln auch die Manieren. Nur auf eines sei aufmerksam gemacht, auf das
Verhältnis zwischen Meißel und Bohrer. Die Reliefs wurden mit dem Meißel angelegt;
erst in einem vorgerückteren Stadium der Arbeit kam der Bohrer zur Anwendung.
Die Figuren mußten zuvor in den Massen angelegt sein, ehe z. B. der Haarmasse eines
Kopfes mit dem Bohrer das krauslockige Aussehen der Antoninenköpfe gegeben werden
konnte. In einem dritten Stadium, zu dem es aber bei flüchtiger Arbeit nicht immer
genügend kam, wurde die Bohrerarbeit mit dem Meißel ausgeglichen. Nun gilt die
*) de Waal, Röm. Quartalschr. 1896, 235 Die Resolutionen des ersten Kongresses christ-
licher Archäologen zu Spalato 1894; ders., Sarkophag des Junius Bassus 1900, 95. Der Plan des
Kongresses scheint von der Verwirklichung noch weit entfernt zu sein, vgl. auch Wittig, Campo
Santo 6—7.
 
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