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Tilker, Andreas
Tanikama: Dämonologie und Exorzismus in Sri Lanka — 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.8392#0053
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in der frühen Kindheit ergeben, was im Falle singhalesischer Mädchen
die frühe und andauernde Kontrolle ihrer Geschlechts- und Aggressions-
triebe bedeute. Dies führe bei vielen Frauen zu einer hysterischen
Disposition. Damit wendet er sich gegen die von EVANS-PRITCHARD und
WILSON vorgebrachte Auffassung. Psychische Probleme entstünden eben-
falls aus der Rollenbewertung und dem daraus resultierenden Selbst-
bewußtsein der Frauen.

Die kulturelle Rollendefinition enthält Bewertungsmaßstäbe, nach denen
Frauen als untergeordnet (pahat), unsauber (jara), untreu (avisava),
physisch und geistig schwach betrachtet werden und verunreinigende
(kili), physische Eigenschaften (Menstruation) besitzen. Eine Rollen-
bewertung ist auch im buddhistischen Lebensideal des N i r v a n a
enthalten, das nach dem Glauben nur von Männern erreicht werden kann
und demzufolge Frauen sich wünschen, als Männer wiedergeboren zu wer-
den. All dies zeige, daß Kritik und Unzufriedenheit mit der weib-
lichen Rolle und Neid auf die geachtete männliche Rolle bestünde.

Aufgrund der psychologischen Probleme, die aus der Status-Rollen-Si-
tuation der singhalesischen Frauen entstünden, könne man bestimmte
Schlüsse bezüglich der Dämonenbesessenheit ziehen. Das Vorhanden-
sein einer hysterischen Disposition in der Persönlichkeit der Frauen
könne zu einer allgemeinen Neigung führen, Konflikte in Form von Be-
sessenheit auszudrücken und Besessenheit als kulturell konstituiertes
Projektionssystem zu akzeptieren (OBEYESEKERE 1970: 102).

6.2.4. KAPFERER: Kulturelle Identität

KAPFERER (1983:100-110) geht, ebenso wie 0BEYSEKERE, von den singhale-
sischen kulturellen Einstellungen gegenüber den Frauen aus,ohne je-
doch deren psychologischen Konsequenzen nachzugehen. Er geht von
Denkkategorien aus und versucht, die kulturellen Konstruktionen und
ihre Logik aufzudecken und die Verbindung zwischen der symbolischen
Identität, d.h. kulturelle Typifizierung, der Frauen und des Dämoni-
schen zu zeigen, übersieht damit aufgrund seines struktural istischen
 
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