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Tilker, Andreas
Tanikama: Dämonologie und Exorzismus in Sri Lanka — 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.8392#0054
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Ansatzes zwangsweise die psychische Dynamik dieser Prozesse.
Die symbolische Identität und Position der singhalesischen Frauen in
der Gesellschaft hängt für KAPFERER (1983: 103) eng mit Hierarchie-
prinzipien, die in Beziehung zu einer die kulturelle und kosmische
Ordnung bestimmenden Natur/Kultur-Dialektik stehen, zusammen.

Grundlegend dabei ist für ihn die Vorstellung, daß die Kultur der Na-
tur in der singhalesischen Perspektive übergeordnet ist und beide auf-
grund dieser Hierarchie in einem harmonischen Verhältnis sind. Diese
Harmonie wird bedroht, wenn ungeordnete, zersetzende und gefährliche
Aspekte der Natur in den Bereich der Kultur eindringen und Natur frei
von kultureller Kontrolle ist.

Der zersetzende, ungeordnete Aspekt der Natur finde implizit seinen Aus-
druck im Konzept der "Verunreinigung" (Kili) (vgl. YALMAN 1961:
29 f.). Nicht Schmutz oder Dreck an sich, so KAPFERER, werden als
Kili angesehen, sondern Dinge oder Prozesse, die sich im Stadium
der Zersetzung, Auflösung, Unordnung befinden. Tod sei Kili, weil er
die Auflösung und Zersetzen des Lebens repräsentiere. Die Zubereitung
des Essens sei Kili, weil die Einheit des Naturprodukts im Prozeß
des Kochens zerstört werde. Dies Konzept spiegelt sich auch in den
Opfergaben wider: Götter erhalten ganze Früchte und frische Blumen,
Dämonen gekochtes Essen und verwelkte Blumen (s.a. AMES 1966: 33).
Eine dämonische Krankheit interpretiert KAPFERER als Spaltung der
"Ganzheit" des Patienten.

Die "Schwäche" der Kultur liegt nach singhalesischer Auffassung, so
KAPFERER, darin, daß die Natur vorausgesetzt ist. Die Kultur selbst
ist ständig von Uneinigkeit und Zwietracht bedroht durch Konflikte
und Gegensätze, die in ihrer inneren Gliederung und Differenzierung
angelegt sind. Die Zwietracht und Uneinigkeit kann andererseits
durch kulturell als "natürlich" aufgefaßte Emotionen und Leidenschaf-
ten geleitete Handlungen verursacht worden sein und damit das kul-
turelle Gefüge schwächen, die Natur unterordnen zu können.

Die kulturelle Abwertung und Unterordnung der Frau ist eine Funktion
der kulturellen Definition ihrer geschlechtsspezifischen Prozesse und
 
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