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Tilker, Andreas
Tanikama: Dämonologie und Exorzismus in Sri Lanka — 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.8392#0007
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1. Tanikama

Menschen werden nach singhalesischer Auffassung erschreckt, angegriffen
bzw. vom Blick eines Dämonen erfaßt, wenn sie "allein" sind. Eine Krank
heit,von der man glaubt, daß sie in diesem Zustand des "Alleinseins"
von Dämonen verursacht worden ist, wird tanikama dösa (Krankheit des
Alleinseins) genannt. Dieser Begriff gilt auch als Synonym für eine
größere Klasse von durch Dämonen verursachte Unglücke (OBEYESEKE 1969:
177).

1.1. Beschreibung

Um diesen Vorgang zu illustrieren und einen Eindruck vom Gegenstand die
ser Arbeit zu geben, werde ich ein Erlebnis, das GOONERATNE (1865/66)
beschrieb, in der Übersetzung von GRÜNWEDEL (1908: 84) wiedergeben:

"Den größten Teil der Zeit füllte der Ältere und deren Begleiter
durch Erzählen von Geistergeschichten aus und BABA war ein
eifriger Zuhörer. Der Weg, den wir zurückgehen mußten, war ein
enger Fußweg, an beiden Seiten mit Gebüsch umgeben. In der Nähe
dieses Pfades, etwa auf der Hälfte zwischen dem Haus und der Kü-
ste, war ein großer Bo-Baum (Ficus religiosa) über einer alten
Grabstätte. Diese Stelle war in der Nachbarschaft berüchtigt:
denn dort sollen Dämonen oft am hellen Tage bei verschiedenen Ge-
legenheiten Leute erschreckt haben. Als wir nun auf dem Rückwe-
ge an dem Baum vorbeigegangen und kaum zehn Schritte davonent-
fernt waren, geschah es, daß BABA einen schrecklichen Schrei
der Verzweifeiung ausstiess, seine Arme um den anderen Mann
schlang und in fürchterlicher Weise bebte und keuchte. Einen
Augenblick darauf fiel er besinnungslos auf die Erde und röchel-
te schwer. Der andere Mann, welcher selbst einem lähmenden
Schreck nahe war, bekam noch soviel Mut, BABA aufzuraffen und
nach Hause zu bringen. Nach Ankunft der Eltern des BABA wurde
ein Kattadiya (Exorzist; Anm.d.Verf.) geholt. Inzwischen sprach
einer der Nachbarn Pirit-Verse (Buddh. Schutzverse gegen Dämonen;
Anm.d.Verf.) über den Kranken, welcher allmählich seine Besin-
nung wiederfand. Der Kattadiya kam, er sprach noch mehr Zauber-
formeln in unverständlicher Stimme. Nachdem er fertig war, wur-
den einige Knoten in das Haar des Kranken gemacht und etwas ge-
weihtes Kokosnußöl wurde auf seine Stirn, Schläfen, Brust,
Nägel und auf dem Schädel gerieben. Dann wurde er nach seinem
eigenen Haus gebracht, wobei ihn seine Freunde und der Kattadiya
begleiteten. Als BABA später gefragt wurde, was ihn so erschreckt
 
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