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Franken bis auf einen kleinen Bestand vernichtet wurde. Die römische Bevölkerung
war zum grössten Teil geflüchtet, die zurückgebliebene den Franken dienstbar gemacht,
musste ihre Häuser verlassen; für die erobernden Franken aber lag das Bedürfnis
nach Aufrechterhaltung einer grossen Stadt noch nicht vor; nur ein in der Kultur
vorangeschrittenes Volk, welches Handel und Gewerbe treibt, kein Volk von Bauern
und Viehzüchtein kann mit Vorteil in einer Stadt wohnen. Die mittelalterliche Stadt
konnte sich deshalb fast vollkommen unabhängig von der römischen ausbauen. Aus
ihrer Entwickelung seien nur zwei besonders augenfällige Punkte herausgehoben. Um
das Jahr 1OOO umgab Bischof Ludolf den Dom und die Wohnungen der Geistlichen
mit einer Festungsmauer und einem davorliegenden Graben. Ein Blick auf den Stadt-
plan zeigt, wie diese kreisrunde Befestigung sich noch heute in dem Strassenbilde von
Trier markiert: in der Grabenstrasse, die eben daher ihren Namen führt, der Palast-
strasse, Banthusstrasse, Dominikaner-, Flandern-, Glockenstrasse und der Fischbach.
Der zweite Punkt ist die gradlinige Verbindung vom Marktplatz und Brücke durch
die Fleisch- und Brückenstrasse benannter Strassen; durch diese für die ganze Kon-
figuration des mittelalterlichen Trier ausserordentlich wichtigen Strassen ist das römische
Strassennetz diagonal durchschnitten.
Doch kehren wir zurück zu unserm römischen Trier. Von dem ältesten Trier
kennen wir keinen öffentlichen Bau mit vollkommener Sicherheit. Aber eine Vermutung
darf ausgesprochen werden. Bei der Kanalisation wurde im vergangenen Sommer auf
der Fleischstrasse vor den Häusern der Herren Fauth und Canzenbach eine Anzahl
römischer Skulpturen gefunden, von denen einige sicher dem 1. Jahrh angeboren;
dort kam auch eine Gruppe des Juppiter, der Juno und der Minerva zum Vorschein.
Juppiter, der Vater der Götter und Menschen, thront, den Blitz in der Hand haltend,
zwischen seiner Gemahlin Juno und seiner Tochter Minerva, der Göttin des Krieges
und der Weisheit. Diese Göttergruppe nennt man die Capitolinische Trias, d. i. jene
Dreiheit, welche in Rom auf der Burg, in einem uralten Tempel verehrt wurde. In
den Provinzen fand dieser Kult bei den Soldaten Anklang, bei der Civilbevölkerung
dagegen nur in den Kolonien, d. i. in denjenigen Städten, in denen sich eine grössere
Gemeinde römischer Bürger befand; in den Kolonien wurde diese Dreiheit in einem
besonderen Kapitolium angebetet und so waren sämtliche römische Bürgergemeinden
im Geiste durch diesen Kult geeint. Da Trier während der ersten 2 J/2 Jahrhunderte
Militär nicht hat, — das Militär war an den Ufern des Rheins entlang garnisoniert —
so wird jene Gruppe schwerlich als ein Weihgeschenk aus militärischen Kreisen anzu-
sehen sein, sondern wahrscheinlich aus dem Kapitol von Trier stammen. Hoffentlich
wird durch weitere Ausgrabungen diese Vermutung bestätigt, damit wir für das älteste
Trier einen festen Punkt gewinnen1).
Dem Ende des 1. Jahrh. wird wahrscheinlich das Amphitheater angehören.
Der Technik des Mauerwerkes, das ausserordentlich sorgfältig ausgeführt, des Durch-
schusses vor Ziegeln, wie sie der Kaiserpalast und die Thermen zeigen, entbehrt, kann
man nur entnehmen, dass der Bau nicht der spätesten römischen Zeit entstammt, wo
der Ziegeldurchschuss Mode wird. Aber das versteht sich ganz von selbst. Wie bei
uns in jeder Stadt auch nur von mittlerer Grösse ein Theater nicht fehlt, so konnte
sie im Altertum auch schon im ersten Jahrhundert eines Amphitheaters nicht entbehren.
Das war der Schauplatz jener dem grausamen Sinne der Romanen so sympathischen
Kämpfe von wilden Tieren oder Gladiatoren untereinander, oder auch von Gladiatoren
gegen die Bestien. Man kann sich von diesen Spielen eine gute Vorstellung machen
durch die Darstellungen des Nenniger Mosaiks, von denen sich im Provinzial-Museum
Dank der Liberalität der Stadtverordneten und einiger Trierer Vereine herrliche Nach-
bildungen finden. Es wird freilich einige Zeit gedauert haben, bis die Kelten an diesen
Dieses ist noch nicht geschehen, da die Bearbeitung der Kanalisationsfunde noch
nicht beendet ist.
Franken bis auf einen kleinen Bestand vernichtet wurde. Die römische Bevölkerung
war zum grössten Teil geflüchtet, die zurückgebliebene den Franken dienstbar gemacht,
musste ihre Häuser verlassen; für die erobernden Franken aber lag das Bedürfnis
nach Aufrechterhaltung einer grossen Stadt noch nicht vor; nur ein in der Kultur
vorangeschrittenes Volk, welches Handel und Gewerbe treibt, kein Volk von Bauern
und Viehzüchtein kann mit Vorteil in einer Stadt wohnen. Die mittelalterliche Stadt
konnte sich deshalb fast vollkommen unabhängig von der römischen ausbauen. Aus
ihrer Entwickelung seien nur zwei besonders augenfällige Punkte herausgehoben. Um
das Jahr 1OOO umgab Bischof Ludolf den Dom und die Wohnungen der Geistlichen
mit einer Festungsmauer und einem davorliegenden Graben. Ein Blick auf den Stadt-
plan zeigt, wie diese kreisrunde Befestigung sich noch heute in dem Strassenbilde von
Trier markiert: in der Grabenstrasse, die eben daher ihren Namen führt, der Palast-
strasse, Banthusstrasse, Dominikaner-, Flandern-, Glockenstrasse und der Fischbach.
Der zweite Punkt ist die gradlinige Verbindung vom Marktplatz und Brücke durch
die Fleisch- und Brückenstrasse benannter Strassen; durch diese für die ganze Kon-
figuration des mittelalterlichen Trier ausserordentlich wichtigen Strassen ist das römische
Strassennetz diagonal durchschnitten.
Doch kehren wir zurück zu unserm römischen Trier. Von dem ältesten Trier
kennen wir keinen öffentlichen Bau mit vollkommener Sicherheit. Aber eine Vermutung
darf ausgesprochen werden. Bei der Kanalisation wurde im vergangenen Sommer auf
der Fleischstrasse vor den Häusern der Herren Fauth und Canzenbach eine Anzahl
römischer Skulpturen gefunden, von denen einige sicher dem 1. Jahrh angeboren;
dort kam auch eine Gruppe des Juppiter, der Juno und der Minerva zum Vorschein.
Juppiter, der Vater der Götter und Menschen, thront, den Blitz in der Hand haltend,
zwischen seiner Gemahlin Juno und seiner Tochter Minerva, der Göttin des Krieges
und der Weisheit. Diese Göttergruppe nennt man die Capitolinische Trias, d. i. jene
Dreiheit, welche in Rom auf der Burg, in einem uralten Tempel verehrt wurde. In
den Provinzen fand dieser Kult bei den Soldaten Anklang, bei der Civilbevölkerung
dagegen nur in den Kolonien, d. i. in denjenigen Städten, in denen sich eine grössere
Gemeinde römischer Bürger befand; in den Kolonien wurde diese Dreiheit in einem
besonderen Kapitolium angebetet und so waren sämtliche römische Bürgergemeinden
im Geiste durch diesen Kult geeint. Da Trier während der ersten 2 J/2 Jahrhunderte
Militär nicht hat, — das Militär war an den Ufern des Rheins entlang garnisoniert —
so wird jene Gruppe schwerlich als ein Weihgeschenk aus militärischen Kreisen anzu-
sehen sein, sondern wahrscheinlich aus dem Kapitol von Trier stammen. Hoffentlich
wird durch weitere Ausgrabungen diese Vermutung bestätigt, damit wir für das älteste
Trier einen festen Punkt gewinnen1).
Dem Ende des 1. Jahrh. wird wahrscheinlich das Amphitheater angehören.
Der Technik des Mauerwerkes, das ausserordentlich sorgfältig ausgeführt, des Durch-
schusses vor Ziegeln, wie sie der Kaiserpalast und die Thermen zeigen, entbehrt, kann
man nur entnehmen, dass der Bau nicht der spätesten römischen Zeit entstammt, wo
der Ziegeldurchschuss Mode wird. Aber das versteht sich ganz von selbst. Wie bei
uns in jeder Stadt auch nur von mittlerer Grösse ein Theater nicht fehlt, so konnte
sie im Altertum auch schon im ersten Jahrhundert eines Amphitheaters nicht entbehren.
Das war der Schauplatz jener dem grausamen Sinne der Romanen so sympathischen
Kämpfe von wilden Tieren oder Gladiatoren untereinander, oder auch von Gladiatoren
gegen die Bestien. Man kann sich von diesen Spielen eine gute Vorstellung machen
durch die Darstellungen des Nenniger Mosaiks, von denen sich im Provinzial-Museum
Dank der Liberalität der Stadtverordneten und einiger Trierer Vereine herrliche Nach-
bildungen finden. Es wird freilich einige Zeit gedauert haben, bis die Kelten an diesen
Dieses ist noch nicht geschehen, da die Bearbeitung der Kanalisationsfunde noch
nicht beendet ist.