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30

Der klassische Stil

tore, einst die Fortsetzung der Höhle, vorgelagert, die der Fluß eben-
falls durchströmt. Männer mit Fackeln, in tiefem Wasser stehend,
erhellen diese dunkeln Tore und die Höhle, an der ein Bildhauer die
Stele des Königs einmeißelt. Bäume wachsen in den Zwischen-
räumen. Salmanassar naht zu Pferde, die Füße auf einen im-
provisierten Steigbügel —den ältesten des Altertums — stemmend,
zur persönlichen Einweihung des Denkmals. Im oberen Fries
aber, als Fortsetzung des unteren, ist eine Tropfsteinhöhle im
Längsschnitt dargestellt mit Stalagmiten und den Tropfen, die
sie aufbauen. Der Steinmetz meißelt hier nach Diktat eines
Schriftgelehrten eine Inschrift ein. Man hat nicht nur die wunder-
volle Naturlandschaft, sondern auch die assyrischen Denkmäler
an Ort und Stelle wiederentdeckt. Mit stolzen Worten berichtet
hier Salmanassar von seinen Kriegstaten und schließt: „An der
Quelle des Tigris schrieb ich meinen Namen ein.“ Die Fassung
dieses Satzes läßt erkennen, daß es dem König auf Einschreibung
seines Namens an einem interessanten Landschaftspunkte ankam.
Daher die ausführliche Darstellung des Landschaftsbildes, die
man im gesamten Altertum nicht wiederfindet. Es ist aber auch
die älteste Namenseinschreibung zu diesem Zwecke. Hier in
Armenien, das damals noch Nairi hieß, und wo schon Tiglat-
pileser L, an der Tigrisquelle selbst und am Euphrat, seine Denk-
mäler eingemeißelt hatte, fand man in dem Orte Kurch, südlich
von Diarbekr, zwei Königstelen von Assurnassirpal und Salmanassar,
die einen von den Assyrern sehr gepflegten Denkmaltypus dar-
stellen, einen hohen Orthostaten, oben abgerundet, mit Relief und
Inschrift des Königs versehen und zur Besiegelung der Herrschaft
aufgestellt (Abb. 40). Der Vergleich mit der Königstele des Assur-
nassirpal aus seiner Residenz in Kalchu (Abb. 39) ist sehr lehr-
reich, da diese Stele eine feinere ästhetische Arbeit ist als die beiden
andern, fernab in der Provinzgeschaffenen Bildwerke. Diese drei Stelen
(s. auch Abb. 43), denen man religiöse Verehrung zollte (Abb. 36),
haben immer dieselbe Darstellung, den betenden König, nach links
gewendet, und fünf Göttersymbole. Einen neuartigen Typus aber
hat Salmanassar in der kolossalen Stele geschaffen, die er in der
855 eroberten Stadt Til-Barsip errichtete, welche Stadt er in Kar-
Salmanassar umtaufte, und die als Etappenstation nach dem Westen
und dem Mittelmeere von hervorragender Wichtigkeit war. Sie
sicherte den Euphratübergang und ist den Assyrern nicht mehr ver-
 
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