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Leben des Malers
gemalt, em Verfahren, in welchem um das Jahr 1250 Ermä-
hne den Anfang machte, als er in Gemeinschaft mit einigen
Griechen arbeitete, und welches von G'iotto wie von allen
beibehalten wurde, deren bis jetzt Erwähnung geschehen ist;
man beharrte bei dieser Methode, obwohl die Künstler erkann-
ten, daß den Temperamalereien eine gewisse Weichheit und
Frische fehle, welche geeignet wäre, den Zeichnungen mehr
Anmuth, dem Colorit mehr Reiz zu verleihen, wobei sie auch
die Leichtigkeit vermißten, die Farben in einander zu vertrei-
ben, indem bis dahin gewöhnlich war, mit der Spitze des
Pinsels kreuzweis zu schraffiren. -) Viele forschten eifrig nach
tung dieser Farben geschah, indem man das Gelbe und Weiße des
Eies, nachdem es tüchtig geschlagen war, mit der Milch von jungen
Feigenschößlingen vermischte und mit dieser weichen und elastischen
Flüssigkeit sowohl den Grund überging als die mit Wasser geriebe-
nen Farben beim Malen anmachte. Die Farben mußten Erdfarben
seyn. Nur das Blau, welches das Eigelb grünlich färbte, wurde
mit Leim angemacht, weßhalb man später häufig die Tempera-
malerei ausschließlich für Malerei mit Leimfarben gehalten hat.
(Vergl. Cennino Cennini c. HZ ff. Vasari Introä. c. 20.) Ueber
dasselbe Verfahren bei der Wandmalerei, bevor man begann in Fresco
zu malen, vergl. E. Förster Beiträge zur neuen Kunstgeschichte
S. 218.
') Diese schraffirte Manier nimmt man am deutlichsten in den Bil-
dern des Cimabue wahr. Daß Giotto eine fließendere Farben-
behandlung einführte, mit weniger zähen Farben arbeitete, hat
schon Hr. von Rumohr bemerklich gemacht; auch bei einigen Sie-
nesern, und wenn ich nicht irre, bei Duccio selbst, findet sich ein mehr
breiter und vermalter Auftrag, wobei die Farbe pastoser scheint
als bei Giotto. Am kühnsten impastirt zeigt sich die Tempera in den
Gemälden des Matteo di Siena, welche Lanzi für Oelgemälde hielt.
Dieselbe breitere und pastose Behandlung ist auch der kölnischen
Schule eigenthümlich. Jedoch wurde in Italien die schraffirte
Manier nie völlig verdrängt. In den Gemälden des Gentile da
Fabriano zeigt fie sich deutlich, eben so bei den Venezianern Bar-
tolommeo Vivarini da Murano (um i47o) und Carlo Cri-
vellt (i»72).
Leben des Malers
gemalt, em Verfahren, in welchem um das Jahr 1250 Ermä-
hne den Anfang machte, als er in Gemeinschaft mit einigen
Griechen arbeitete, und welches von G'iotto wie von allen
beibehalten wurde, deren bis jetzt Erwähnung geschehen ist;
man beharrte bei dieser Methode, obwohl die Künstler erkann-
ten, daß den Temperamalereien eine gewisse Weichheit und
Frische fehle, welche geeignet wäre, den Zeichnungen mehr
Anmuth, dem Colorit mehr Reiz zu verleihen, wobei sie auch
die Leichtigkeit vermißten, die Farben in einander zu vertrei-
ben, indem bis dahin gewöhnlich war, mit der Spitze des
Pinsels kreuzweis zu schraffiren. -) Viele forschten eifrig nach
tung dieser Farben geschah, indem man das Gelbe und Weiße des
Eies, nachdem es tüchtig geschlagen war, mit der Milch von jungen
Feigenschößlingen vermischte und mit dieser weichen und elastischen
Flüssigkeit sowohl den Grund überging als die mit Wasser geriebe-
nen Farben beim Malen anmachte. Die Farben mußten Erdfarben
seyn. Nur das Blau, welches das Eigelb grünlich färbte, wurde
mit Leim angemacht, weßhalb man später häufig die Tempera-
malerei ausschließlich für Malerei mit Leimfarben gehalten hat.
(Vergl. Cennino Cennini c. HZ ff. Vasari Introä. c. 20.) Ueber
dasselbe Verfahren bei der Wandmalerei, bevor man begann in Fresco
zu malen, vergl. E. Förster Beiträge zur neuen Kunstgeschichte
S. 218.
') Diese schraffirte Manier nimmt man am deutlichsten in den Bil-
dern des Cimabue wahr. Daß Giotto eine fließendere Farben-
behandlung einführte, mit weniger zähen Farben arbeitete, hat
schon Hr. von Rumohr bemerklich gemacht; auch bei einigen Sie-
nesern, und wenn ich nicht irre, bei Duccio selbst, findet sich ein mehr
breiter und vermalter Auftrag, wobei die Farbe pastoser scheint
als bei Giotto. Am kühnsten impastirt zeigt sich die Tempera in den
Gemälden des Matteo di Siena, welche Lanzi für Oelgemälde hielt.
Dieselbe breitere und pastose Behandlung ist auch der kölnischen
Schule eigenthümlich. Jedoch wurde in Italien die schraffirte
Manier nie völlig verdrängt. In den Gemälden des Gentile da
Fabriano zeigt fie sich deutlich, eben so bei den Venezianern Bar-
tolommeo Vivarini da Murano (um i47o) und Carlo Cri-
vellt (i»72).