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Volkmann, Ludwig
Bilderschriften der Renaissance: Hieroglyphik und Emblematik in ihren Beziehungen und Fortwirkungen — Leipzig: Verlag von Karl W. Hiersemann, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.59562#0059
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als Symbol der durch Ruhe gestärkten Kraft/ von ihm wird unten noch zu sprechen sein <vgl. Abb. 109).
Unter den Vögeln erkennen wir den Kranich mit Stein <Ne improviso> sowie die Störche <Acceptum
reddimus officium> wieder, doch findet sich auch viel Neues und Eigenes. In der vierten Centurie
fällt besonders Nr. 9 auf, der Delphin mit Anker, mit dem Motto: »Tutius ut possit figi.« Augustus
und Titus werden erwähnt, Aldus und Erasmus angeführt, aber die Deutung auf einen guten und
klugen König bezogen, ähnlich Alciati., Bei dem Bilde der Schlange, die sich in den Schwanz beißt
<Finisque ab origine pendet>, zitiert er Horapollo, nach welchem dies die Zeit oder das Jahr bedeute.
Die Vermischung der Viper mit der Muräne <Sacri concussio lecti> erinnert wiederum an Horapollo
und Alciati, an letzteren auch der ans Land geworfene Delphin mit dem Spruch »Quem genuit, perdit«,
und ebenso die Motive des Krokodiles, Salamanders, Frosches u. a. Gerade das Werk des Camerarius
ist in Deutschland später viel genannt und benutzt worden und kam in seiner fleißigen, systematischen
Art gewiß zahlreichen Wünschen entgegen. —
Hatte Fasanini die hieroglyphischen Sinnbilder den Dichtern und Künstlern als wertvollen Stoff
anempfohlen, hatte Alciati sodann jene Gattung von Dichtungen zuerst verwirklicht, sie aber selbst
dabei als Grundlage praktischer Auswertung im Kunstgewerbe anempfohlen, so tritt uns nun diese An-
wendung im täglichen Leben in den sogenannten »Imprese« entgegen, die, wie schon oben er-
wähnt, zu einer Verschmelzung französischer Mode mit italienischer Hieroglyphik und Emblematik
führten. Das Wort Impresa kommt ursprünglich von imprendere, etwas unternehmen, bedeutet also
LInternehmung oder Vorhaben. Tatsächlich wählte man solche besondere Abzeichen zunächst für be-
stimmte Unternehmungen, für die man Glück erhoffte und bei denen man seine persönlichen Empfin-
dungen oder Wünsche mehr oder Weniger verhüllt zur Schau tragen wollte,- und dazu gehörten vor
allem die Kriegs- oder die Liebesabenteuer, weshalb auch die Imprese d'armi und Imprese d'amore stets
die größte Rolle gespielt haben. Die Geheimsprache der Hieroglyphen mußte dazu besonders geeignet
erscheinen, da sie nur Eingeweihten verständlich erschien, und so wurde sie alsbald diesem Zweck
dienstbar gemacht. Aber ganz im allgemeinen wählte man sich dann gern ein solches Abzeichen, das
neben dem Familienwappen geführt wurde und in Verbindung mit einept Wahlspruch <Devise> der
persönlichen Eigenart und dem inneren Wesen des Trägers Ausdruck verleihen sollte, darin am besten
unseren heutigen Ex libris vergleichbar, und das nun, ganz wie es die Schriftsteller gefordert hatten, an
allen möglichen Gebrauchsgegenständen, an Wänden, Möbeln, Waffen usw., angebracht wurde oder
als besonderes kleines Kunstwerk in Plakettenform Kleidung und Hut schmückte. Der große Gold-
schmied Benvenuto Cellini erwähnt mehrere solche Arbeiten, die er um 1525 für vornehme junge
Leute schuf,- so schreibt er im 6. Kapitel, nach Goethes Übersetzung, folgendes: »Ferner bediente man
sich zu jener Zeit goldener Medaillen, worauf ein jeder Herr oder Edelmann irgendeine Grille oder
LInternehmung vorstellen ließ und sie an der Mütze trug. Dergleichen machte ich viele, ob es gleich
eine sehr schwere Arbeit war.« Ferner erzählt er im 8. Kapitel von dem Sienesen Mazzetti: »Er
bestellte bei mir eine goldene Medaille, am Hute zu tragen. Er war ein Mann von lebhaftem Geist
und verlangte, ich solle ihm einen Herkules machen, der dem Löwen den Rachen aufreißt«,- und für
Fr. Ginori fertigte er ein ähnliches Werk der Kleinkunst als Symbol seiner Liebesnöte, nämlich einen
Atlas mit der Himmelskugel auf dem Rücken, darunter das Motto: »Summum tulisse juvat.« — Es
ist nicht möglich, aber auch nicht nötig, hier im einzelnen die Gegenstände aufzuzählen oder durch
Beispiele zu belegen, die mit solchen Impresen geschmückt wurden,- denn es hat sich auch hieraus
wiederum eine besondere, schier unerschöpfliche Literaturgattung herausgebildet, indem man nun ganze
Sammlungen solcher Impresen veranstaltete, sei es als Vorbilder/sei es aus historischem und persön-
lichem Interesse an ihren Trägern, und sie in graphischer Wiedergabe vervielfältigte. Dazu kam all- ‘
mählich eine ganze Wissenschaft von den Impresen, die in langatmigen Abhandlungen diesen Samm-
lungen beigegeben oder, meist in Dialogform, gesondert gedruckt wurde. An der Hand dieser Samm-
lungen soll ein kurzer Überblick über das umfangreiche Gebiet gegeben und vor allem der Zusammen-
hang mit der Hieroglyphik und Emblematik durch einige Stichproben nachgewiesen werden, —
Wie Alciati für die Emblemata, so darf sein Freund Paolo Giovio (Jovius) für die Impresen-
werke als der eigentliche Schöpfer und Hauptvertreter gelten. Geboren 1483 in Como, studierte er —

7 Volkmann, Bilderschriften der Renaissance.

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