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III.1. DE BONIS PICTURIS ET COLORIBUS

Malerei begann im frühen 16. Jahrhundert oftmals mit einem Auftrag zur Malerei,
der nicht selten wichtige Vorgaben für die künstlerische Arbeit festlegen konnte. Von
den Verträgen zu Raphaels Werken haben sich bisher nur zwei wiedergefunden,
darunter die Dokumente zu seinem ersten bedeutenden Auftrag1, der Darstellung
der Krönung des Hl. Nikolaus von Tolentino' für Sant' Agostino in Cittä cli Castello
(Abb. 44, 45). Exemplarisch zeigt dieser Kontrakt vom 10. Dezember 1500, mit
welchen Vorgaben Raphael und sein Kollege Evangelista di Pian di Meleto (»magistri
Rafael et Evangelista«) an die Arbeit gingen, und was dem Aultraggeber Andrea
Raronci wichtig genug war, daß er es unter den vertraglichen Verpflichtungen der
Maler notieren ließ.

Der Vertrag3 nennt zunächst den Gegenstand, »unam tabulam altaris«, sodann
drei Forderungen des Auftraggebers: Erstenssollen die darzustellenden Figurenvon
ihm vorgeschrieben werden (»cum illis figuris quibus dicet idem Andreas«); denk-
bar ist, daß Andrea Baroncio hierbei nicht nur die Heiligen benannt, sondern sich
auch mit den Malern über die Verteilung der Gestalten und über die allgemeine
Gesamtordnung des Bildes geeinigt hat. Zweitens soll die Malerei »debonis picluris

G. Magherini; E. Giovagnoli, La prima giovinezza di Raffaello, 1927, S. 45(1'., Tal'.
19. Vgl. V. Golzio, Raffaello nei clocumenti, 1971, S. 7f. Bisherwurde dieser Kontrakt
vor allem unter dem Gesichtspunkt des sozialen Status des jungen Raphael und mit
Blick auf die Zusammenarbeit mit anderen Malern betrachtet: R. Wittkower, The
young Raphael, 1963, S. 155; L. D. Ettlinger, Raphael's early patrons, 1986, S. 86.
Siehe zu Raphaels Aufträgen auch F. Mancini, Raffaello in Umbria, 1987 und speziell
zu Baronci E. Mercati, Andrea Baronci e gli altri committenti til'ernati di Raffaello,
1994, S. 19. Der zweite Vertrag bezieht sich auf die Marienkrönung für das Nonnenklo-
ster in Monteluce (vgl. Anm. 5).

Die Tafel ist nur noch in Fragmenten erhalten: Zwei Teile des oberen Bereichs mit der
Darstellung von Gottvater und Maria befinden sich im Museo Gapodimonle in Neapel
(Abb. 44), zwei Engelsfiguren des unteren Bildhereichs wurden 1912 von 0. Fischel
(Raffaels erstes Altarbild, 1912, S. 105-121) in der l'inacoteca Communale in Brescia
(Abb. 45) und 1981 von S. Beguin im Louvre entdeckt (Un nouveau Raphael, 1982,
S. 99-115). Einen für die Rekonstruktion derTafel wichtigen Beitrag leistet die Teilkopie
von Ermengildo Costantini von 1791, die sieh heute im Museo Municipale in Cittä di
Castello befindet.

Alle folgenden Zitate aus diesem Vertrag sind nach V. GOLZIO, Raffaello nei documenü,
1971, S. 7f. zitiert.

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