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Ansatzpunkte

die ///. Familie unter der Palme (Abb. 55), die Hl. Familie mit Lamm (Abb. 54) bis
zur Hl. Familie Canigiani (Abb. 56) kann in dieser Minsicht als Entwicklung von
einer tendenziell additiven Romposition aus Einzelfiguren zur Bgural- und farb-
.kompositionell gefestigten Konfiguration beschrieben werden. Dabei hat Raphael
auch die Möglichkeiten, die Figuren seiner Heiligen Familien farbkompositorisch
miteinander zu verbinden, intensiv erkundet, und er hat diese Aufgabe mit der
Frage nach einer Systematisierung der Farben verknüpft. Nicht selten waren die
Heiligen Familien für Raphael Modellfälle auf der Suche nach einer paradigmati-
schen Farbordnung: So bildet die Hl. Familie mit Lamm ein Beispiel für die im
frühen 16. Jahrhundert erstmals greifbaren Bestrebungen zu einer Systematisie-
rung der Farbentrias aus Rot, Gelb und Blau, die im weiteren Verlauf erst im
17. Jahrhundert zu einer Kanonisierung der Primärfarbentrias führten7. Die///. Fa-
milie Canigiani (Abb. 56) dokumentiert demgegenüber eine für die neuartige
Systematisierimg der Farben in der italienischen Hochrenaissance nicht weniger
bedeutende Farbordnung, die >Universalfarbigkeit<, die sich ebenfalls grundsätzlich
von der quattrocentesken Vielfarbigkeit unterscheidet, und deren Merkmale weiter
unten noch eingehender zu betrachten sind.

Raphaels frühester und einigermaßen zaghafter Versuch, die Heilige Familie als
eigenes Thema darzustellen, ist in einer 1504 entstandenen Skizze zur Madonna
Terranuova (Abb. 16) überliefert, in der Joseph zusammen mit einem Engel die
Begegnung des auf dem Schoß von Maria sitzenden Christusknaben mit dem
Johannesknaben begleitet8. Joseph erscheint in diesem Entwurf ohne vertieften
kompositorischen und erzählerischen Zusammenhang, als symmetrisch eingefüg-
te, flankierende Hintergrundsfigur rechts hinter der Gruppe von Madonna und
Kind. Man könnte sich theoretisch jeden anderen Heiligen an seiner Stelle denken.
Mit dieser vergleichsweise konventionellen symmetrischen Figurenkonstellation
schließt Raphael an die quattrocenteske Bildregie in den mehrfigurigen Andachts-
bildern Peruginos an0, wie sie Raphael z. B. schon in seiner Madonna mit Hl. Hie-
ronymus und Hl. Franziskus (Abb. 1 L), in der Darbringung Jesu im Tempel '"und

Hierzu S. 324, S. 339, Anm. 128.

E. Knab, E. Mitsch, K. Obehhuber, Raphael. Die Zeichnungen, 1983, Nr. 98.

Siehe hierzu die zahlreichen Darstellungen der Madonna mit Kind und Heiligen von

Perugino, z. 15. im Louvre in Paris (Holz, 81 x 63 cm, Inv.-Nr. 720, P. Scarpellini,

Perugino, 1984, S. 87, Nr. 57, Abb. 90), im Kunsthistorischen Museum in Wien (Holz.

86,5 x 63 cm, Inv.-Nr. 616, ebd., S. 87, Nr. 58, Abb. 94) oder im Palazzo Pitti in Florenz

(Holz, 75 x 58 cm, Inv.-Nr. 340, ebd., S. 88, Nr. 59, Abb. 95).

Holz, 27 x 50 cm (Gesamtmaß der Predella 39 x 190 cm), Rom, Pinacoteca Vaticana.

Inv.-Nr. 335.

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