Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Waldmann, Emil
Sammler und ihresgleichen — Berlin: Cassirer, 1920

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52381#0018
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
»(IuMre vin^t mille frnnes, pour voris!«
(Man kann es nicht übersehen.)
Das sind Extreme, diese beiden Amateure sind die äußersten Flügel-
männer in der Phalanx der Sammler, und jede Figur erscheint ein wenig
übertrieben. Aber in diesen Kreis lassen sich alle andern Sammlertypen
einbeschreiben, und je näher man zusieht, um so mehr merkt man, daß
die Grenzen unmerklich ineinander übergehen, daß auch bei dem leiden-
schaftlichen, geborenen Sammler manchmal ein wenig äußerliche Eitel-
keit mitspricht, wenn er unbedingt ein Blatt, einen bestimmten Zustand
einer Radierung haben will, haben muß (weil sein Nachbar ihn nicht
hat und damit der ihn nicht am Ende bekommt),- und daß auch beim
wüstesten Kunstspekulanten oft auch der Augenblick ekntritt, wo er zum
Kenner, zum wahren Liebhaber wird,- daß er, der aus Spekulation an-
fangs nur Ware aufhäufte, km Augenblick der Hausse nicht verkaufen
mag, weil er sich inzwischen in seine Ware verliebt hat und nun nicht
mehr ohne sie leben kann.
Es ist so leicht zu behaupten, derDaumkerscheAmateur sei verwahre
Sammler der guten alten Zeit, und der Forainsche Käufer sei der Typus
des modernen Sammlers, der Snob, der Spekulant, der Suiveur.
Aber es ist nicht so, diese Klassifizierung ist zu einfach, um wahr zu sein.
Wenn schon die Charakteristika dieser beiden Extreme sich gelegentlich
in ein und demselben Individuum berühren, wie sollte es dann möglich
sein, daß sie km Laufe der Zeiten streng gesondert nebeneinander her-
marschieren? Wer die Wirklichkeit kennt, weiß, daß es die Typen immer
und zu allen Epochen gegeben hat und daß es sie wohl immer geben
wird. Alkibiades würde heute wahrscheinlich vorschnell als Snob, besten-
falls als Ästhet abgefertkgt werden, aber ich glaube, er hat die Kunst
doch geliebt um ihrer Schönheit willen. Und Franz der Erste, Herzog von
Toskana, dessen Arbektszimmmer im Palazzo Vecchio heute noch intakt
ist, verstand er wirklich viel von Malerei, als er, anstatt gute Venezianer
zu kaufen, sich dieses Zimmer von Florentiner Epigonen ausmalen ließ,
unten lauter Ovale, darüber lauter Quadrate, oder war es ihm nicht
eher um die Dekoration zu tun, und um die Gegenstände, Mythologie
für sein Dynastengefühl, und Handwerksallegorien zur Befriedigung

10
 
Annotationen