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Waldmann, Emil
Sammler und ihresgleichen — Berlin: Cassirer, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.52381#0019
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seiner Florentiner Bürger, die zu ihm konferieren kamen? War ihm die
Kunst ein Mittel seiner Lebensklughekt, oder liebte er sie wirklich, oder
beides? Die Seele eines Sammlers ist wohl nie ganz einheitlich, die
Gefühle in seinem Herzen mischen sich in geheimnisvoller Proportion,
und die Behauptungen über absolute Reinheit der Empfindungen dürf-
ten Literatenträume sein. Gut und nützlich zu lefen, wie Balzacs „Cousin
Pons" und ein herrlicher Stoff für den Romanzier, wie alles Leiden-
schaftliche,- aber nie ganz zu glauben.
In Voltaires „Candide" kommt eine sehr witzige Stelle vor, wo
Voltaire sich über das Sammeln großer Herren lustig macht. Candide
besucht einen venezianischen Senator mit dem fabelhaften Namen poco-
curante, und der zeigt ihm seine Bilder. Candide bewundert besonders
zwei Gemälde. „Das sind Raffaels," sagt der Senator, „ich hab' sie
sehr teuer gekauft, vor ein paar Jahren, aus Eitelkeit. Man sagt, es sek
das Schönste, was es in Italien gibt. Aber ich finde sie gräßlich. Die
Farben sind zu braun und dann sind die Figuren nicht rund genug und
gehen nicht los vom Hintergrund,- und solche Gewänder wie diese, solche
Stoffe gibt es -a gar nicht. Man kann sagen was man will, aber das
hat doch mit der Natur nichts zu tun. Mir machen Bilder Spaß, wenn
sie so sind, daß man glaubt, die Natur selbst zu sehen. Aber solche
Bilder gibt es Za nicht. Ich hab' viele Bilder, aber ich sehe sie nicht
mehr an."
Wenn man das liest, meint man ein Selbstgespräch des verstorbenen
Pierpont Morgan bei verschlossenen Türen zu belauschen. Aber trotzdem,
wenn man ihn wirklich reden hörte und wenn man sieht, was er auf-
häufte, dann merkt man doch, daß er Stunden hatte, wo er seine Schätze
ernstlich liebte, wenn er einmal allein mit ihnen war und wenn das ewige
Gerede von dem »ver^ besl kalael« aufgehört hatte. — Und auf der
andern Seite, wenn wir wissen, daß der Graf Camondo, der doch wirk-
lich ein feiner Amateur war, eines Tages sich in Japan verliebt hatte
und zu einem Händler ging mit dem Auftrag, ihm möglichst schnell eine
Sammlung japanischer Holzschnitte zusammenzustellen, aber allerersten
Ranges und möglichst schnell, wie gesagt — war er da von Daumiers
Amateur nicht doch etwas weit entfernt, von diesem Sammler, der tage-

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