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im Profil eine betonte, ebenmäßige Wölbung, die zur Nasenwurzel deutlich
zurückbiegt. Hier bildet sich ein kräftiger Winkel, der um so hervorstechender
wirkt, als nun die Nase in betonter Schräge hervortritt. Von vorn gesehen zeigt
die Stirn ein bewegtes Relief. Durch eine spürbare Einsenkung, die zu den
Schläfen verläuft, sind die Brauenknochen abgekehlt. Diese Brauenknochen bilden
einen besonders mächtig überdachenden Schutz für die eingesunkenen Augen; an
der Nasenwurzel nur knapp ansteigend, knicken sie und senken sich in fallender
Schräge gegen die äußeren Augenwinkel hinab. Buschige, bei den besten Bild-
nissen plastisch durchgebildete überhängende Brauen, welche die Augen tief
beschatten, erhöhen die Wirkung. Man ahnt aus diesem Dunkel die Leuchtkraft
eines klaren Auges. Im Verhältnis zu den etwas eingefallenen Wangen treten
die Backenknochen abermals deutlich heraus, und endlich stößt das Kinn, die
Richtung der Nase aufnehmend, kräftig vor. Diesem gebirgigen Knochenbau
des Schädels bleiben die weichen Teile des Fleisches untergeordnet; eine schmieg-
same Haut fügt sich seinen Bewegungen an. Auch der Mund ist etwas eingefallen,
die Unterlippe tritt gegen die Oberlippe um einiges zurück; Kinn und Hals sind
nicht fett und hängend, sondern fügen sich hager im Umriß nahezu rechtwinklig
zueinander. Lockiges Haar mit leicht gelichteten Winkeln und vollem Bausch
an den Schläfen deckt den Schädel; kräftiger, nur wenig gekräuselter Bartwuchs
umzieht Wangen und Kinn; gezwirbelte Schnurrbartenden reichen neben den
Mundwinkeln bis über den Kinnbart hinab.
Den hervorragenden Charaktereigenschaften dieses Herrschers hat der Adoptiv-
sohn und Nachfolger, Marcus Aurelius, in seinen Selbstbetrachtungen ein würdiges
Denkmal gesetzt. Mit Liebe und Ausdauer versah Antoninus Pius die Staats-
geschäfte, mit nüchternem Urteil jede Sache bis ins einzelne erwägend. Hatte er
einmal einen Standpunkt eingenommen, so beharrte er unerschütterlich auf seinem
Vorsatz, haschte nicht nach Volksgunst und ließ sich durch keine scheinbaren
Ehren bestechen. Dabei waren ihm Leutseligkeit und verbindliche Art des
Umgangs nicht fremd. So wie er die öffentlichen Mittel mit Sparsamkeit ver-
waltete, war er auch selbst genügsam und schlicht in seiner persönlichen Lebens-
führung. Ohne Scheu nahm er trotzdem die Dinge, welche zur Annehmlichkeit
des Lebens beitragen, als Geschenke des Glücks dankbar, wenn auch bescheiden
entgegen. An solchen Eigenschaften wie auch an der Heiterkeit, die hervorgehoben
wird, möchte man den Sprößling eines Geschlechtes aus der Narbonensis erkennen,
dessen aufgeschlossene Art noch heute in Südfrankreich angetroffen wird.
Diese Charaktereigenschaften in den geprägten Zügen des Antlitzes wieder-
zuerkennen, verlockt die physiognomische Betrachtungsweise. Aus den besten Bild-
nissen des Herrschers, etwa dem Kopf aus Formia im Thermenmuseum (Taf. 3)

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