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I. ÜBERLIEFERUNG

Das Interesse an den Bildnissen der römischen Herrscher beginnt im Zeitalter
der Renaissance bereits früh sich zu regen. Die Menschen von Angesicht zu
Angesicht kennenzulernen, von denen die wiederentdeckten antiken Autoren
so denkwürdige Geschichten und Schicksale überlieferten, war den Menschen in
der Morgenstunde eigener glänzender und vielgebildeter Persönlichkeitsentfaltung
ein lebhafter Trieb. Und an den Bildnissen gerade des römischen Altertumes
bildete sich das Porträtschaffen des Quattrocento heran. Zu den ersten der-
zeitigen Nachrichten über ein römisches Herrscherbild gehört der Brief Mantegnas
an Isabella Gonzaga von Mantua vom 13. Januar 1506, in dem er der Fürstin
die ihm gehörende und sehr geschätzte Büste der älteren Faustina, der Gemahlin
des Antoninus Pius, anbietet. Die schönste Verherrlichung erfuhr eine Generation
später, im Jahre 1538, das Reiterstandbild des Marcus Aurelius (Taf. 22), das
Michelangelo ausersah, den beherrschenden Mittelpunkt seiner Platzgestaltung des
Kapitols einzunehmen. In dem Inventar der vatikanischen Statuen endlich, die
Pius V. im Jahre 1655 an das römische Volk schenkte, finden sich neben Augustus,
Trajan und Hadrian wiederholt die Namen des Antoninus Pius, der Faustina
und des Marcus Aurelius.’
Um jene Zeit beginnt auch die Bildniskunde Gegenstand gelehrter Forschung
zu werden. Innerhalb zweier Jahre erscheinen die ersten archäologisch-ikono-
graphischen Werke Inlustrium virorum ut exstant in urbe expressi vultus von
Achilles Statius (1569) und Imagines et elogia virorum illustrium et eruditorum
ex antiquis lapidibus et nomismatibus expressa des Fulvius Ursinus (1570).
Annähernd eines Vierteljahrtausends hat es bedurft, bis die römische Ikono-
graphie in dem von E. Q. Visconti begonnenen, von A. Mongez fortgeführten
Werke Iconographie romaine (erschienen 1826) auf einer neuen breiteren Grund-
lage aufgebaut wurde. Die endgültige Synthese fanden diese Bemühungen in
dem unschätzbaren Werke von J. J. Bernoulli, Römische Ikonographie (1882 bis
1894), dem sich die hier vorgelegte Untersuchung dankbar verpflichtet fühlt.
Dem Interesse, das die Renaissance an den Bildnissen römischer Herrscher nahm,
entsprach eine leidenschaftliche Sammlertätigkeit. Da das gelehrte Interesse an

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