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der Aufstellung verbindlich ist als Mensch, als Gott, als Princeps, als Pontifex
Maximus oder als Imperator. Dieser monarchischen Repräsentation dient auch
die Bildnisaussendung, die vornehmlich bei Antritt der Herrschaft erfolgte (vgl.
Kruse a.O. 15. 23). Die Silberbüste des Lucius Verus aus Marengo und die Gold-
büste des Marcus Aurelius aus Avenches scheinen noch heute Zeugen derartiger
Bildnisaussendungen zu sein, wenn auch hinsichtlich des Marcus Aurelius keinen-
falls aus Anlaß des Herrschaftantritts. Im römischen Altertum vertritt das
offiziell aufgestellte Herrscherbild die Person des Herrschers rechtsgültig; im
Abendland ist das Herrscherbild vornehmlich ‘Denkmal’. Wie weitreichend die
Macht dieses Bildes aufgefaßt werden konnte, wenigstens in Ägypten, erhellt
aus dem Bericht, daß bei einer Eroberung von Syene durch das Heer der Königin
Kandake von Aethiopien mit anderer Beute die Statuen des Augustus fort-
geschleppt wurden, „um Aegypten des sichtbaren Schutzes seines Gottes zu
berauben“ (von Domaszewski, Geschichte I 184).
Diese Bilder, die den Herrscher sichtbar vertraten, sind fast ausnahmslos ver-
lorengegangen. Selbst wenn sie noch dastünden, wären sie ihrer Macht über die
Menschen, die ihnen gegenübertraten, entkleidet, wie die Götterbilder der
Griechen. Was aber dauert, ist das Bildnis in dem Sinne, daß es der vergänglichen
Erscheinung des Menschen Dauer zuteil werden läßt.
Auch in der Geschichte des Bildnisses schlechthin behaupten die Herrscherbilder
der antoninischen Zeit einen eigentümlichen Platz. Unter allen Bildnissen des
Trajan ist das herrlichste der Kopf aus Ostia, der nach dem Tode des Herrschers
geschaffen wurde: Wie in einem Brennpunkt gesammelt hat in ihm das Wesen
des Trajan in reinster, aller zufälligen Bedingtheiten enthobener Schau endgültige
Form gewonnen. Hier ist noch einmal, wie bei den Griechen, das Bildnis in seiner
unbedingten und unvergänglichen Idealität gesehen. Bei Marcus Aurelius lassen
die Bildnisse in ihrer reichen Folge der Altersstufen nicht allein die Charakter-
geschichte dieses Menschen verfolgen, sondern manches einzelne ist bereits von
Vergänglichkeit umwittert. Diese Art des Bildnisses findet in den Selbstbildnissen
von Rembrandt ihre Vollendung, von denen jedes geheimnisvoll das ganze
erlebnisreiche und vergängliche Leben enthält.
Als Bilder von rechtlich personaler Geltung aufschlußreich für die ausgeprägte
staatliche Gesinnung der Römer, als Bildnisse ehrwürdiger und seltsamer
Herrscher eine anschauliche Ergänzung zu der schriftlichen historischen Über-
lieferung und endlich als einmalige kunstgeschichtliche Erscheinung der Markstein
einer Wandlung in der Bildnisentwicklung von der griechischen Antike bis zum
Abendland, darin beruht die große und eigentümliche Bedeutung des Herrscher-
bildes in antoninischer Zeit.

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