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Wischermann, Heinfried; Wischermann, Heinfried [Hrsg.]
Berichte und Forschungen zur Kunstgeschichte (Band 17): Die " figura in cima al baldacchino" in Verona: Bemerkungen zum Wanddenkmal der Familie Brenzoni in San Fermo Maggiore von 1435-1438 — Freiburg i. Br., 2023

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https://doi.org/10.11588/diglit.66626#0015
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11

V.
Der Auftraggeber72 der Bestattung und der Kommemorierung des Niccolö Brenzoni war
dessen Sohn und Universalerbe Francesco, der sicher seine Schwester Agnese und seine
Mutter Maddalena degli Statuti beteiligte. Er hat seinen Vater auf dem Friedhof der von
diesem selbst gewählten Ordenskirche beigesetzt, und er dürfte auf dieses Grab - eingelassen
in eine das Bodengrab abdeckende Steinplatte - die zwei marmornen
Inschrifttafeln/Chiusini (Abb. 13) gesetzt haben. Bei der Auflassung des Friedhofs auf der
Nord- und Westseite der Klosterkirche kamen sie in Privatbesitz und 1889 ins Museo Civico,
aus dem sie spurlos verschwanden. Glücklicherweise hat der genannte Kunsthistoriker
Raffaello Brenzoni73 beide 1932 abbilden können. Die erste Platte ist vor den Pisanello-
Ausstellungen in Verona und Paris von 1996 wieder aufgetaucht, sie war aber nur in Verona
ausgestellt74.
VI.
Steinplatten zur Bedeckung eines Sarges oder einer Grabstelle, in die kleine
Inschrifttafeln aus Marmor eingesetzt waren, gibt es seit frühchristlicher Zeit nicht nur im
Süden, sondern auch im Norden der Alpen, z. Bsp. in St. Matthias in Trier (Abb. 14). Bis ins
hohe Mittelalter entstanden in der Bischofsstadt an der Mosel viele kleine dieser beschrifteten
Rechtecke75. Zahlreiche niederheinische Beispiele aus dem 7.-11. Jahrhundert hat Andrea
Nisters-Becker76 gesammelt und umgezeichnet; leider hat sie sich nicht ausführlich zu ihrer
Funktion geäußert. Die kleinen Tafeln sind durchweg aus Marmor; sie sind fast immer ohne
die zugehörigen Steinplatten oder Sargdeckel und oft nur in Bruchstücken von
Heimatforschern gesammelt oder von Grundstücksbesitzern irgendwo eingemauert worden.
Lehrreiche Exemplare aus dem 11. Jahrhundert sind die Grabschriften des Abtes Gumbert (f
103 5)77 aus der Klosterkirche Limburg an der Haardt/RP oder des Propstes Wignand (1048)78
aus St. Stephan in Mainz. Die Langlebigkeit dieser Inschrifttafeln mag ein Beispiel aus

72 Das Testament des Francesco Brenzoni vom 18. März 1439 wird ebenfalls im Archivio di Stato in Verona
aufbewahrt: ASVr, Archivio Notarile, Ufficio del registro, Testamenti, Mz 31, Nr. 58. Eine Kopie verdanke ich
den in Anm. 65 genannten freundlichen Helfern.
73 Brenzoni 1932, nach S. 266. Bereits um 1450 hat der deutsche Student Johannes Hasenbeyn eine fehlerhafte
Abschrift des Textes, den er kaum selbst gesehen haben dürfte, in eine Reinschrift seiner Epigramm-Sammlung
übernommen: München, StaBi, Ms. clm 6720, f. 188 (digital verfügbar). Entdeckt, aber unzutreffend
ausgewertet hat den Text Elena Necchi, L’epigrafe di Nicolö Brenzoni e il Codice tedesco CLM. 6720 di
Johannes Hasenbeyn, studente dello Studio Patavino, in: Patavium - Rivista veneta di scienze dell’Antichitä e
dell’Alto Medioevo 3 (1994) 15 ff.
74 Kat. Pisanello, Verona 1996, Nr. 8 mit Farbabbildung (Inv. 4B 646).
75 Vgl. Franz Xaver Kraus, Die altchristlichen Inschriften der Rheinlande von den Anfängen des Christenthums
am Rheine bis zur Mitte des achten Jahrhunderts, Freiburg i. Br. 1890, Nr. 97, Taf. XI, 6 und Nr. 101, Taf.
XV,2; Hiltrud Merten, Katalog der frühchristlichen Inschriften des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums
Trier (Kataloge und Schriften des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums Trier 1), Trier 1990, 13, vgl. ihre
Nr. 11 und Nr. 18; Kurt Böhner, Rheinische Grabmäler der Merowingerzeit als Zeugnisse frühen fränkischen
Christentums, in: Victor H. Eibern (Hg.), Das Erste Jahrtausend - Kultur und Kunst im werdenden Abendland,
Düsseldorf 1964, Textband II, 653-678, Abb. 1,21 und Fig 7; Theodor K. Kempf/Wilhelm Reusch (Hg.),
Frühchristliche Zeugnisse im Einzugsgebiet von Rhein und Mosel, Trier 1965, bes. Nr. 6 für einen Abbo, Nr. 9
(Calvio), 15 (Martina), 24, 25, 37; Victor H. Elbem, Der Grabstein des Vicarius Hlodericus, in: Aachener
Kunstblätter 43 (1972) 143-155.
76 Andrea Nisters-Becker, Die Grabsteine des 7.-11. Jahrhunderts am Niederrhein (Diss. Köln 1981/82), in:
Bonner Jahrbücher 183 (1983) 175 ff, bes. Abb. 41, 112-114.
77 Kraus 1894, Nr. 681.
78 Fritz V. Arens, Die Inschriften der Stadt Mainz von frühchristlicher Zeit bis 1650 (DI 2), Stuttgart 1958, Nr.
655.
 
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