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Wischermann, Heinfried; Wischermann, Heinfried [Hrsg.]
Berichte und Forschungen zur Kunstgeschichte (Band 17): Die " figura in cima al baldacchino" in Verona: Bemerkungen zum Wanddenkmal der Familie Brenzoni in San Fermo Maggiore von 1435-1438 — Freiburg i. Br., 2023

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https://doi.org/10.11588/diglit.66626#0033
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29

XII.
Die Neubestimmung des „Grabmals Brenzoni“ als Wanddenkmal der Familie Brenzoni
findet eine verblüffende Ergänzung durch eine bislang unbeachtete Notiz im ersten Band der
„Notizie storiche“ des Giambattista Biancolini (1697-1780)215 von 1749. Der Historiker
notierte: „Sopra 1’Altäre vicino alla porta maggiore si vede la B.V./Annunziata dipinta a
fresco: Opera stimatissima del Pisano det/to il Pisanello”. Giovanni Battista da Persico216
bestätigte 1820 die Existenz dieses Altares mit dem Hinweis, die oben genannten Inschriften
hätten „All’altar de’ Brenzoni in comu Evangelii“ gestanden. Die Zugehörigkeit des
„Monumentum Brenzoni“ zu einem Altar erklärt, warum es so merkwürdig auf seiner
Doppelkonsole217 schwebt, warum es erst 1,90 m über dem Kirchenboden beginnt und warum
die zugehörige Grab- oder Gruftplatte nicht direkt unter ihm liegt, sondern bis an die innere
Wand der Kirchenfassade nach Westen verschoben ist218.
Unser Wanddenkmal war Teil eines Grabaltares219, dessen Altartisch um 1750, also bald
nach dem Erscheinen von Biancolinis Band, abgebaut worden ist.220 Jeder ausdauernde Leser
der gewaltigen Urkundensammlung des Antonio Sartori hätte bei ihm schon 1986 eine
Bestätigung für die Existenz dieses Altares finden können221: Noch 1510 stiftete ein anderer
Francesco Brenzoni, der wieder der Sohn eines Niccolö war, 30 Messen pro Jahr an ihm. Und
1516 verfugte dieser Francesco in seinem Testament, er wolle „essere sepolto nel monumento
di famiglia in S. Fermo“222, und er stiftete Geld für eine tägliche Messe „per l’anima sua“.
Unser Monument war demnach das „Altarbild“ einer Familienkapelle, die - sichtbar-
nur aus einem Wandabschnitt des Langhauses bestand. Diese Feststellung erklärt, warum

215 Giambattista Biancolini, Notizie storiche delle chiese di Verona, Verona 1749,1, 349. Von 1749 bis 1781
publizierte Biancolini 8 Bände; Nachdruck Bologna 1977.
216 Da Persico 1820, 261 und 1823, 105, 152.
217 Vergleichbare Blattkonsolen gibt es am Denkmal für Martin V. von 1418-1421 im Mailänder Dom, das auch
einen ähnlichen Steinrahmen hat (Poeschke 2000, Taf. 253), oder am Tympanon der Corner-Kapelle von
1425/1430 an der Frari-Kirche (John Pope-Hennessy: Italian Gothic Sculpture, London-New York 1972, Fig.
109).
218 Ein Eingang in eine Familiengruft unter einem Altar hätte eine Benutzung ziemlich erschwert. Nicht zufällig
liegen die Eingangsplatten in fast allen echten, d. h. raumhaltigen, Familienkapellen vor dem Altar.
219 Die Frühgeschichte des „Grabaltars“, der auf römische Vorbilder zurückgeht [Walter Altmann, Die römischen
Grabaltäre der Kaiserzeit, New York 1975; Dietrich Böschung, Antike Grabaltäre aus den Nekropolen Roms
(Acta Bernensia 10), Bern 1987], ist unzureichend geklärt. Ein frühchristlicher Grabaltar für Prosdocimus, der
ein Petrus-Schüler und der erste Bischof Paduas war, ist in Santa Giustina erhalten, Fig. XIX/XX bei Cesira
Gasparotto u. a., Padova - Guida ai Monumenti e alle Opere d’arte, Venezia 1961. Vgl. vorläufig für Italien
Hans Aurenhammer, Studien zu Altar und Altarbild der venezianischen Renaissance - Form, Funktion und
historischer Kontext, Diss. Wien 1985; Herbert von Einem, Tizians Grabbild (Sitzungsberichte, Bayerische
Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Kl. 1979,5), München 1979; Thomas Weigel, Zum „Grabaltar“ des
Antonio Milledonne in San Trovaso, Venedig, in: Joachim Poeschke u. a., Praemium virtutis II - Grabmäler und
Begräbniszeremoniell in der italienischen Hoch- und Spätrenaissance (Symbolische Kommunikation und
gesellschaftliche Wertesysteme 9), Münster 2005, 259 ff. Beispiele für Altarretabel, die Reliefskulpturen und
Flachmalerei kombinieren, trug Iris Wenderholm [Bild und Berührung - Skulptur und Malerei auf dem Altar der
italienischen Frührenaissance (Diss. FU Berlin 2004; I Mandorli 5), München-Berlin 2006] unter dem Stichwort
„intermediäre Altarbilder“ zusammen.
220 Der 1777 geborene da Persico kann den Altar kaum mehr gesehen haben. Er gibt keine Quelle an,
wahrscheinlich hat er Unterlagen des Pfarrarchivs studiert. Den Abbau des Altartisches bestätigt Carla Perez
Pompei (La Chiesa di San Fermo Maggiore, Verona 1954, 63) mit einem Verweis auf Unterlagen im
Staatsarchiv Verona zur Pfarrei (Arch. di S. Fermo Maggiore. Proc. 79).
221 Sartori 1986, Nr. 248.
222 Sartori 1986, Nr. 253.
 
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