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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 29.1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.14176#0076
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Besprechungen.

Richard Müller-Freienfels: Psychologie der Kunst, Bd. III.
Psychologie der einzelnen Künste. München 1933. Verlag von
Ernst Reinhardt. 156 S. gr. 8°.

Der Verfasser hat sich laut Vorwort entschlossen, den ersten beiden Bänden
seines seit 10 Jahren in 3. Aufl. vorliegenden Werks als dritten vorläufig einen fast
unveränderten Neudruck der gedrängten Zusammenfassung seines Stoffkreises in
Titelauflage anzuschließen, die er damals bereits im II. Bande von Kafkas „Hand-
buch der vergleichenden Psychologie" veröffentlicht hatte, — da die Zeitlage die
Herausgabe eines umfangreichen Bandes verbiete. Das bleibt nicht nur darum zu
bedauern, weil er auf die Auseinandersetzung mit manchen inzwischen erschiene-
nen einschlägigen Arbeiten verzichten mußte, sondern auch weil von der ausführ-
licheren Darstellung gewiß eine bereicherte und vertiefte Begründung seiner An-
schauungen zu erwarten war, mögen sie auch dadurch in den Grundlinien keine
Verschiebung erfahren haben. Um so mehr aber sehe ich mich veranlaßt, meiner
Besprechung der ersten zwei Bände (D. Lit. Z. 1929, H. 18) nunmehr die ver-
sprochene Würdigung dieses dritten folgen zu lassen.

Den „Begriff der Kunst unter psychologischem Gesichtspunkt" will M.-Fr. auf
das innere Wesensmerkmal der verdichteten Form ohne Beschränkung auf ihre
ästhetische Wirkung begründen. Da unter solcher Form durchweg eine gesetz-
mäßige, sei es rhythmische oder harmonische, Gestaltung verstanden werden kann,
wird man das gelten lassen dürfen. Das Wertproblem aber hat für die psychologi-
sche Kunstforschung nur den Sinn beschreibender (nicht normativer) Feststellung
ästhetischer Wirkungsmöglichkeiten. Nach einer Übersicht über ihre Vorläufer von
Kant bis Lipps und Volkelt kennzeichnet der Verfasser ihre Methoden und deren
Vorzüge und Nachteile für gewisse Fragestellungen. Gemeinsam und unentbehrlich
ist ihnen allen die vergleichende Analyse, durch die z. B. die soziologische (völker-
psychologische) Methode zwischen den Erzeugnissen der Primitiven und denen der
Kinderkunst zwar manche Gemeinsamkeiten, aber auch tiefgehende Unterschiede
aufdeckt. Übereinstimmung besteht gleichwohl m. E. in der anschaulichen Vorstel-
lungsbildung. Auszugehen habe die Analyse von dem Stilbegriff, der Stil eines Kunst-
werks aber entspringt nach M.-Fr. aus vier Wurzeln, von denen nur zwei, die Per-
sönlichkeit des Künstlers und die angestrebte Wirkung auf den Empfänger, rein
psychische Triebkräfte, Stoff und Inhalt (bzw. Gegenstand) hingegen äußere Vor-
aussetzungen sind, zu denen vielfach noch außerästhetische Bedingungen, wie der
Zweck, hinzutreten. Auf ihre Vereinheitlichung richtet sich die nicht immer voll-
kommen erfüllte Stilforderung. Hier vermisse ich die allerdings selbstverständliche
Grundvoraussetzung des eigenartigen und doch nicht nur individuellen Gestal-
tungsbereichs: des bildnerischen und zeichnerischen (bzw. malerischen), des sprach-
lichen oder musikalischen u. a. m., zumal M.-Fr. „die Kunst" für einen „Sammel-
begriff" erklärt und nur die einzelnen Künste als wirkliche Gegebenheiten aner-
 
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