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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 29.1935

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Ritoók, Emma von: Die Wertsphäre des Tragischen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14176#0268
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EMMA VON RITOOK

den Tragödien von Hebbel, Kleist, Ibsen, Strindberg, Hauptmann, selbst
in den lyrischen Dramen von Hofmannsthal oder Maeterlinck zahllose
Äußerungen ihrer Gestalten, welche die Macht des Schicksals für die Ge-
schicke des Helden anerkennen.

Schon mit dem ersten Schritt seines Wollens wendet sich der tragische
Charakter jenem Weg zu, auf dem sich ihm Schritt für Schritt das Antlitz
der Welt verändert, auf dem er in die Enge getrieben wird, dem Weg der
Katastrophe. Wallensteins Monolog im L Aufzug ist ganz dieser Erkennt-
nis gewidmet. Ein solcher tragischer Charakter entwickelt sich erst voll-
ständig während des Kampfes. Aber die Seele ist schon vorbestimmt zu
dem Kampf, vorbestimmt, das Schicksal heraufzubeschwören durch un-
beugsames Ringen um das Ziel: das Maximum des Lebens zu erreichen.
Mit jedem Schritt dem Schicksal entgegen, geht das Ich innerlich leuch-
tend auch seiner Vereinsamung entgegen, sich seelisch von aller mensch-
lichen und weltlichen Umgebung entfernend. So gehen, besonders durch-
sichtig, sich von allem ablösend Shakespeares, Kleists, Hebbels Helden
dem Schicksal entgegen, das seine Maske mehr und mehr vor ihnen lüftet
und schließlich fallen läßt.

(Schluß folgt.)
 
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