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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 29.1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.14176#0360
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346

BESPRECHUNGEN

Furchtbare nur im Bild zu ertragen vermag, weil im bildenden Vermögen des Dich-
ters sich die Wandlung des Geoffenbarten ins Mitteilbare vollzieht. Pongs betont sel-
ber nachdrücklich, daß er nur wenige Andeutungen über Hölderlins bildschaffende
Kraft an dieser Stelle gibt; hier zeigen sich die großen Entwicklungsmöglichkeiten
seiner Arbeit.

Hier, in dem Schlußteil, nicht in den vorangehenden Erörterungen, die lediglich
der Grundlegung dieses Schlußteils dienten. Aber auch sie sind sachlich eine Stützung
und Bereicherung des Ganzen und methodisch ein Musterbeispiel dafür, was
fruchtbare Kritik heißt, und was es bedeutet, aus der heutigen Situation des mannig-
fach verengten und vergifteten Betrachters der Dichtung an große Dichtung heran-
zuführen; in der Kritik wird mehreres auf einmal geleistet: Widerlegung entscheiden-
der Irrtümer, Benutzung einiger Begriffe der zurückgewiesenen Lehre für das Fol-
gende, Schaffung eines Hintergrundes, vor dem sich das Gebirge des großen Dichters
um so deutlicher abhebt; und von der heutigen Situation geht Pongs insofern aus, als
er mit dem psychologisch und psychoanalytisch verfangenen Menschen rechnet. So
kommt denn der Studie von Pongs eine auch noch über die Einzeluntersuchung hin-
ausgehende Bedeutung zu: sie deutet erstens das Wesen existentieller Literaturwis-
senschaft, zweitens eine Wertordnung dichterischen Bildschaffens und drittens die
Eigenart fruchtbarer und beim heutigen Menschen ansetzender Kritik an.

Bonn. Heinrich Lützeler.

Franz Schultz: Klassik und Romantik der Deutschen. 1. Teil.
Julius Zeitlers Epochen der deutschen Literatur, 4. Band, 1. Teil. J. B. Metz-
lersche Verlagsbuchh., Stuttgart 1935.

Seelisch außerordentlich bereichert und wissenschaftlich-erkenntnismäßig unge-
mein gefördert legt man diese ausgezeichnete, literaturgeschichtlich übliche Leistun-
gen weit hinter sich lassende Veröffentlichung des Frankfurter Ordinarius für
neuere deutsche Literaturgeschichte dankbar aus der Hand. Wir empfangen den
ersten Band einer auf mehrere Bände berechneten Darstellung, die sich zum Ziele
setzt, die geistesgeschichtliche Einheit einer Zeit aufzuzeigen, die von Hamann bis
zum Verklingen der jüngeren Romantik reicht. Es wird eine Morphologie, d. h.
die Ausdeutung einer ganzheitlich aufgebauten Gestalt erstrebt, also eine wissen-
schaftliche Bemühung durchgeführt, die sich ihrer selbst klar und scharf bewußt
ist. Nicht eine aufgehäufte Summe, sondern ein Organismus wird beschrieben.
Diese Einstellung des Forschers weiß, daß alle methodischen Begriffe gewohnter
Art immer nur Hilfsmittel zur Erkenntnis, niemals aber Selbstzweck sein können
und sein dürfen. Weder eine Zielgerichtetheit noch ein Herkunftsnachweis dieser
Einheitsepoche Klassik und Romantik steht als Betrachtungsgegenstand im Vor-
dergrund. Das Dasein und Sosein einer gewachsenen und sich auseinanderfalten-
den Ganzheit gilt es an sich und aus sich zu erfassen. Mit Huizinga vereinigt
sich Franz Schultz in der bewußten Preisgabe zeitlicher Festlegungen und begriff-
lichen Annageins. Das Verstehen wortkünstlerischer und geistesgeschichtlicher
Erscheinungen wird auf dem Weg eines suggestiven Nacherlebens zu erlangen
gesucht. Dabei sind Benennungen in erster Linie Verständigungsmittel unter Be-
trachtenden, viel weniger aber letzte Wesenserhellungen der angeschauten Gegen-
stände. Diese Gegenstände als Stoff literaturgeschichtlichen Betrachtens sind das
Dichterische in allem Umfang seiner möglichen Äußerungen.

Der vorliegende erste, stofflich überaus reichhaltige, in der äußeren Gestalt
gleicherweise straffe wie gedrungene Band, dargereicht in der höchst zuchtvollen
und schmiegsamen Darstellungsweise einer kulturbewußten, geschmackssicheren
 
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