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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 30.1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.14193#0313
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BESPRECHUNGEN

299

mit jenem verglichen viel dichter und klarer ist, zeigt Schlegel ein gutes Stück
auf dem Wege zu einer ausführlichen und selbständigen Begründung und Dar-
stellung einer Theorie des Schönen vorangeschritten. Leider geht er den Weg nicht
zu Ende. Immerhin geben die in den Notizheften niedergelegten Ansätze über
Schlegels geistige Welt mannigfachen Aufschluß. Sie beweisen endgültig, wie
nachdrücklich ihm das Schöne als die Erscheinung des Guten galt. Sie bestätigen
und erhellen auch seine aus den übrigen frühen Schriften schon bekannte tria-
dische Anthropologie (354).

Die neuen Philosophica, so möchte man abschließend sagen, haben einen drei-
fachen Wert: Sie zeugen von dem Ernst und der Stetigkeit der philosophischen
Bemühungen Schlegels; sie bereichern und verdeutlichen unsere Vorstellung von
seinem geistigen Werdegang; sie bieten erwünschtes Vergleichs- und Bezugs-
material für Verständnis und Würdigung mancher zunächst undurchsichtiger oder
vernachlässigter Formulierungen des übrigen Werkes.

Körner verfolgt als Herausgeber und Darsteller eine einzelne Seite von
Schlegels Wesen durch seine ganze Entwicklung hindurch. Schlagdenhauffen be-
handelt einen begrenzten Zeitabschnitt seines Lebens und Wirkens, die Athenaeums-
Jahre 1798—1800, nach allen Richtungen hin. Schlegel erscheint dabei nicht als
losgelöste Einzelgestalt, sondern steht gebend und nehmend, anregend und an-
geregt im Kreise verwandter und mitstrebender Geister.

Angesichts des Buchtitels stellt sich die Frage ein: War es wirklich erforderlich,
daß grade die Athenaeums-Zeit wieder zum Gegenstande einer Monographie gemacht
wurde? Sollte die Schlegelforschung, soweit sie sich nicht eigens auf neu herbei-
gebrachtes Material stützen kann, jetzt nicht lieber andere Abschnitte seines Lebens
ins Auge fassen? Das Recht dieser Frage wird dadurch natürlich nicht ab-
geschwächt, daß man sagt, Schlagdenhauffen habe die einschlägigen deutschen
Studien der letzten Jahre nicht gekannt. Zum Teil hätte er sie kennen müssen. Die
Arbeiten von B. v. Wiese, Mann, Folwartschny und Stock lagen ja vor, als er der
Straßburger Fakultät seine eigene Darstellung einreichte. Daß er sie nicht be-
rücksichtigt hat, ist bei der im übrigen recht langen Liste benutzter Literatur
einigermaßen auffällig. So wie die Dinge nun liegen, muß sich sein Buch nicht nur
neben der früheren, sondern auch neben dieser gleichzeitigen Forschung ausweisen
und behaupten können.

Was also bietet Schlagdenhauffen? Zunächst eine gut orientierte Darstellung
aller äußeren Umstände, welche die Geschichte des Athenaeums begründen und
vorantreiben. Dazu gehören vor allen Dingen die Schicksale und Ereignisse,
welche die direkten und indirekten Mitarbeiter einander nahebringen und die
Formen ihrer Zusammenarbeit bestimmen. Von Friedrich Schlegel her gesehen,
begreifen die drei Städtenamen Berlin, Jena und Dresden alles Wissenswerte
in sich.

Schlagdenhauffen verknüpft nun diese Schicksale mit der geistigen Welt, in
der die Mitarbeiter leben und an der sie je nach Herkunft, Entwicklungsgang und
innerem Vermögen verschiedenen, entgegennehmenden und tätigen Anteil haben.
Er analysiert die einzelnen Beiträge des Athenaeums, klärt ihre Grundbegriffe
und Grundgedanken und erörtert ihren Ursprung und ihre Rolle im Leben ihrer
Zeit. So tritt zur äußeren die Geistesgeschichte der Zeitschrift hinzu. Die chrono-
logisch fortschreitende Darstellung flicht beide ineinander.

Schlagdenhauffen schildert das Athenaeum als ein Werk der „Verbrüderung".
Ohne vorwegnehmendes Programm sollen die Mitarbeiter auf dem Wege des jede
persönliche Freiheit wahrenden Symphilosophierens allmählich eine neue geistige
und sittliche Kultur scharfen. Man setzt voraus, daß sich Mannigfaltigkeit und
 
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