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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Effmann, Wilhelm: Der Taufstein von St. Nikolaus zu Freiburg in der Schweiz und seine Bildwerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0054

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69

1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

70

Profil der leichtgebildeten Deckplatte besteht
nur aus Platte und Rundstab, aber das starke
Vortreten läfst sie doch kräftig zur Geltung
kommen.

Was den hohen Vorzug des Taufsteins
ausmacht, beruht zum Theil ja in dem schon
hervorgehobenen Umstände, dafs trotz alles
Beiwerks die an und für sich schöne Kern-
figur zur vollen Geltung kommt, aber der
Schmuck des Füllungswerkes, wenn er auch
in der Art der Spätgothik etwas mathematisch
ausgeklügelt ist, trägt
zu der prächtigen Wir-
kung bedeutsam bei.
Die Uebergänge vom
Stern zum Viereck
und dann weiter zum
Achteck sind geschickt
gelöst; die Detaillirung
pafst sich, bald mehr,
bald minder kräftig
gehalten, den ent-
sprechenden Stellen
gut an, und reizvoll
sind die Licht- und

Schatteneffekte, die
dadurch erzeugt wer-
den.4)

Der Hauptschmuck
aber, den der Taufstein
aufweist, ist ihm in
seinen Bildwerken zu
Theil geworden. Die
Felder, in denen sie
angebracht sind, bil-
den ein nach unten
gerichtetes überhöhtes

Kreissegment, also
eine Fläche, die wegen

Fig. 2. Ansicht übereck.
Ungefährer Mafsstab: '/js der natürlichen Gröfse.

4) Der Taufstein ist jetzt mit einem in der Kuppel-
form gestalteten Holzdeckel versehen, der mittelst eines
Seilzuges gehoben werden kann. Es ist eine ziem-
lich handwerksmäßige Arbeit des XVIII. Jahrhunderts,
bei der alle acht Kuppelflächen mit ein und demselben
Rankenmuster gefüllt sind. Unter Aufserachtlassung
der Bildwerke des Beckens ist die dort bereits vor-
kommende Darstellung der Taufe Christi durch den
hl. Johannes hier in einer kleinen Freigruppe als Be-
krönung wiederholt. (Ansicht dieser Gruppe und des
oberen Deckeltheiles auf einer Innenansicht der St.
Nikolauskirche in Fribourg artistique, 1894. Planche I.)
Dafs der Taufstein ursprünglich nur mit einem ein-
fachen Deckel versehen war, geht aus dem geringen
Betrag hervor, der, wie aus den unten mitgetheilten

des Vorherrschens der Längenausdehnung
für die Darstellung einer Einzelfigur nicht sehr
geeignet ist. Es fehlt an Höhe, und seitlich
verbleiben leere Flächen. Der Aufgabe, die-
selben zu füllen, ist der Künstler durch die
Anbringung von Attributen und Schriftbändern
in geschickter Weise gerecht geworden. Die
Personen sind als Halbfiguren dargestellt, die
nach oben hin in die Umrahmung einschnei-
den. Der Nimbus fehlt überall, selbst bei der
Christusfigur.

Von links nach
rechts gehend, begeg-
net zuerst die aus
drei Darstellungen be-
stehende Gruppe der
Taufe Christi; es folgen
die vier Evangelisten
und dann, den Ab-
schlufs bildend, der
hl. Nikolaus, der Pa-
tron der Stadt und
Kirche.

Die Gruppe der
Taufe Christi besteht
aus drei Personen,
dem Vorläufer Christi,
und Christus selbst
mit dem Engel. Jo-
hannes der Tau-
fe r (Fig. I), mit dem
die Reihe beginnt, ist
eine ganz vortreffliche
Darstellung. Der feine,
dem Christustypus in
der Haar- und Bart-
tracht nachgebildete
Kopf mit hoher Stirn
und ascetischem, durch-
geistigtem Gesichtsausdruck ist dem Heiland
zugeneigt, aber ebenso wie der Körper in
Vollansicht gegeben. Während der Heilige
mit der erhobenen Rechten, drei Finger aus-
streckend, den Segen ertheilt, ruht die
linke Hand auf dem neben ihm liegenden
Lamme. Ueber das härene Untergewand fällt
das Manteltuch in freiem Zuge und schönem
Falten würfe von den Schultern über die Arme
hinab.

Der die Mitte der Gruppe einnehmende

Rechnungsbelegen sich ergibt, für die Herstellung des
Deckels verausgabt worden ist.
 
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