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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Schnütgen, Alexander: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0140

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215

1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

216

platte bedeckt, die von einem kräftig profilirten,
aus rosettenverzierter Kehle und Wulst be-
stehendem Silberrahmen eingefafst ist, mit Perl-
stab auf der Höhe und Umschlag über die
Schmalseiten des Holzdeckels. In die durch
dieses Profil um 2 cm hinuntergeführte Ver-
tiefung der Füllung, deren Eckschmuck je ein
achttheiliger, vergoldeter Metallknopf mit Ran-
ken und Blattausläufern bildet, ist die getriebene
Hochrelieffigur des hl. Johannes Ev. gelegt, die
auf einer aus dem Achteck flach konstruirten,
niedrigen Konsole steht, über welche der rechte
(nackte) Fufs eben hervorragt. Auf im Silber
belassenen (daher oxydirten) Gewände ist der
in der spätgothischen Periode so beliebte
Wechsel von Silber und Gold nur in dem ver-

Hammertechnik, namentlich auch die Art, wie
der Mantelzipfel über den linken Arm herunter-
fällt, als Silberlappen aufgenagelt und der
Figur hier einen harmonischen Abschlufs ge-
bend, zugleich ihre für die Gesammtwirkung
so wichtige Breitenentwicklung verstärkend.
Befremdlich ist, dafs sich auf den Futterum-
schlägen keine Reste von Bemalung finden,
denn gerade ihnen gönnte das farbenfreudige
Mittelalter am liebsten die farbige Markirung,
um Unter- und Obergewand desto kräftiger zu
scheiden und die Monotonie der metallischen Wir-
kung, zumal beim Verzicht auf Vergoldung, nach
Möglichkeit aufzuheben. Diese Betonung des Fut-
ters wurde mit Vorliebe bei den Marmor-und

Relief.

Kufstäfelchen in St. Gereon zu Köln.

Rückseite.

goldeten Saum vertreten, während das von der
linken Hand gehaltene Kelchlein, mit seinem
sechseckigen Fufs, Pastennodus und Drachen
in der Kuppe, durch vollständige Vergoldung
ausgezeichnet ist, wie in der Regel das Attribut
der Heiligen. Die sorgsamst ziselirten üppigen
Haare und der strahlenförmig reich gravirte
Nimbus sind gleichfalls vergoldet. Hingegen
sind der vorzüglich modellirte Kopf und die
gegossenen, etwas spinnig geformten Hände
mit Farbe bemalt, und zwar in röthlicher Kar-
nation, durch welche jetzt der Silbergrund
stellenweise zu schöner Wirkung hervorguckt.
Die etwas kurz gehaltene Figur ist hohl, fast
vollrund getrieben in knapper, aber lebendiger
Bewegung; und von grofser Geschicklichkeit
zeugt die den Metallcharakter überall wahrende

Elfenbeinfiguren angewandt,bei denen dieGewän-
der in der Regel nur mit Goldsaum, oder in sel-
tenen Fällen, mit Streublumen spärlich verziert
wurden. Auf das Metall übertragen begegnet sie
in gefälliger Art bei der spätgothischen Agraffe
des Berliner Kunstgewerbemuseums, welche im
Ausstellungskatalog unter Nr. 222verzeichnet,auf
der letzten Seite dieses Heftes 223/224, abgebildet
ist, während die ausschliefsliche Kolorirung der
Fleischtheile sich an dem hochgothischen St. Si-
meonsreliquiar des Aachener Münsters (Nr.201)
findet, leider nur in der erneuerten lackigen Art,
die als Warnungstafel gegen derartige Restauri-
rungen hier hervorgehoben sein mag. Bei Metall-
figuren ohne natürlichen Glanz, also bei messing-
gegossenen, wurde wohl auch die vollständige
Färbung beliebt, wie bei einem Hochrelief
 
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