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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Pollak, Oskar: Alessandro Algardi (1602-1654) als Architekt
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0070
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beglichen, «alles nach dem Gutachten des Herrn Grimaldi» (I, 39). Es ist zu beachten,
daß diesen zahlreichen Fällen, wo Grimaldi als Architekt auftritt, kein einziger Fall
gegenübersteht, wo Algardi als Architekt beim Bau tätig ist. Immer wird er nur als
Bildhauer oder in Verbindung mit der bildhauerischen Ausschmückung der Villa ge-
nannt. Ja, in dem Dokument, betreffend die Abschätzung der Marmortrophäen für die
Hauptfassade (I, 27), heißt er direkt «Bildhauer seiner Exzellenz des Fürsten Pamphily».

Die Zweifel, die an der Autorschaft Algardis auf Grund der Dokumente hier
erhoben werden, finden einen kräftigen Rückhalt in den Angaben einer Biographie Al-
gardis, die Giovanbattista Passeri verfaßt hat1 und die seltsamerweise fast immer zu-
gunsten der von Bellori geschriebenen in den Hintergrund getreten ist. Und gerade
Passeris Biographie ist als Quellenschrift der höchsten Beachtung wert, da er ein intimer
persönlicher Freund Algardis war.2 Außerdem besaß er ein künstlerisch geschultes und
von Vorurteilen meist freies Urteil, so daß auch die am Eingang dieses Artikels gele-
gentlich der Biographie Belloris geäußerten Bedenken wegen tendenziöser Färbung der
Tatsachen wegfallen. Passeri nun erzählt folgendes über den Bau der Villa: «Im An-
fange des Pontifikats seines Oheims [i. e. Papst Innozenz X.] begann D. Camillo [Pam-
phily] den Bau einer Villa vor Porta S. Pancratio.....Algardi sollte den Entwurf

des Baues liefern und die Aufsicht über den Bau führen; da er aber in diesem
Fache niemals auch nur die geringste Beschäftigung gehabt hatte und
darin vielleicht auch nicht besonders begabt war, überließ er, trotzdem
er ein Mann von großem Können war, die Sorge um dieses Unternehmen

jemand anders, indem er für sich nur die oberste Leitung vorbehielt......

Algardi machte hier einige Stuckreliefs, und ließ auch von einigen seiner Schüler
nach seiner besondern Zeichnung einige an einer langen Reihe von Brun-
nen .....anfeitigen, sowie auch Stuckfiguren bei anderer Gelegenheit.»3 Man sieht,

dies stimmt vollständig bis ins letzte mit den aus den Bauakten gezogenen Tatsachen
überein: er selbst hatte, wie auch aus den mehrfach zitierten Briefen der Fürsten (I, 35)
resultiert, die oberste Leitung inne; jener «andere» dagegen, dem Algardi den ganzen
Bau überließ, war der Bologneser Maler, Radierer und Architekt Giovau Francesco
Grimaldi.

In allen Biographien, die dem Grimaldi gewidmet sind, vorab in der des Pas-
coli4, wird von ihm als von einem bekannten und geschätzten Architekten gesprochen.
Keiner von den betreffenden Schriftstellern erwähnt aber irgendeinen bestimmten Bau,
an dem er teil hatte. Und da wir auch von Algardi keinen größeren Bau kennen,
so können wir auch nicht vom stilkritischen Standpunkte an die Frage herantreten,

1 In den «Vite de' Pittori, Scultori ed Architetti», Roma 1772, pag. 196.

2 Vergl. die Einleitung der genannten «Vite», pag. VII.

3 Op. cit., p. 201/2: «Nel bei principio del Pontificato del zio si diede il Signor D. Camillo alla fab-

brica di una sua villa fuori della Porta di S. Pancratio..........Ebbe la cura 1'Algardi dell* indrizzo

di questa fabbrica, e la Sopraintendenza di tutla l'arcliitettura; ma perehe in questa faeoltä non aveva mai
avuto impieghi di nessuna sorte, e forsi non ci aveva genio particolare, benche fosse egli dotato di gran
talento, pure diede ad altri la cura di quest' impresa, riserbandosi di esserne egli come il principal diret-

tore.......... L'Algardi vi fece alcuni bassi rilievi di stucco ed anche vi fece fare da alcuni suoi gio-

vani con suo disegno particolare in un lungo ordine di Fontane, che sono in un viale di detta Villa, alcune
flgure pure di stucco in diverse occasioni.»

4 In den «Vite de' Pittori, Scultori ed Architetti moderni», Roma 1730, I, 45 ff.

Oskar Pollak.
 
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