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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Stiehl, Otto: Das Rathaus zu Frankfurt an der Oder
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0124
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Putzbau hergestellten Teile gehören der sächsischen Frührenaissance an, ihre Erbauung
wird man in die Zeit bald nach der Mitte des 16. Jahrhunderts versetzen können. In
die gleiche Zeit gehört seiner Formgebung nach auch der jetzige Glockenturm des
Nordgiebels. Er ist aus Steinen kleinen Formates gebaut und verputzt, oben durch
eine zweiseitig auskragende Plattform abgeschlossen, die mit gut geschmiedetem
derben Eisengitter umhegt ist. Der schlanke Kupferhelm hat ebenfalls Renaissance-
formen, nur die jetzige Wetterfahne nebst Knopf ist im Jahre 1648 neu aufgesetzt,
worden, nachdem ein heftiger Sturm die alte Turmkrönung beschädigt hatte. Sie
isl dann im Jahre 1855 nochmals erneuert worden. Auch hier ist der alte Putz nicht

Abbildung 10. Westseite mit den Anbauten des IG. Jahrhunderts.
Nach Aufnahme aus dem Jahre 1827.

mehr erhalten. Für die Wiederherstellung wird eine einfache Bemalung vorgeschlagen,
um den Bauleil in die stark farbige Erscheinung des übrigen hineinzupassen.

Bei all den geschilderten, etwa zweiundeinhalbhundert Jahre umfassenden Ände-
rungen und Zusätzen war der mittelalterliche Grandzug des Baues und die reiche
Ausstattung seiner Giebelfronten unverändert geblieben. Ein viel schwererer Eingriff
geschah nun aber im Beginn des 17. Jahrhunderts, ein Eingriff, den wir, soweit er
das Äußere betraf, als eine rohe und unverständige Mißhandlung des Baues bezeichnen
müssen, der das alte Denkmal städtischen Reichtums und bürgerlicher Kraft auf
wieder mehr als zweiundeinhalbhundert Jahre auf das Schwerste geschädigt hat.
Während über alle sonstigen Verhältnisse des Baues die Urkunden vollständig fehlen,
ist dieser Umbau der Jahre 1607—1609 durch ein im städtischen Archiv befind liebes
.Aktenstück in allen Einzelheiten belegt. Der Einblick, den wir ans dessen Inhall in
 
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