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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Brinkmann, Adolf: Schloß Weißensee: ein Gegenstück zur Wartburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0159
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IV. Jahrgang. Heft 7. April 1911.

Schloß Weißensee, ein Gegenstück zur Wartburg.

Von Ad. Brinkmann-Burg b. M.

Mit 10 Abbildungen.1

Wer einmal auf dem Burghofe des Hauptschlosses der Warthurg gestanden hat
und die Poesie des Palas, des Landgrafenhauses, auf sich hat wirken lassen, umgeben
von dem Zauber einer künstlerisch verklärten großen Vergangenheit, die in diesem Ge-
bäude unmittelbar zu ihm spricht, der wird den Eindruck nie vergessen; er wird ihn
als etwas Außerordentliches, Einziges bewahren und dem Schicksal danken, das uns
diese Perle hochentwickelter romanischer Profankunst erhalten hat. Das Schicksal ist
aber noch weit gütiger gewesen; es hat uoch ein solches Landgrafenhaus in die Gegen-
wart hinübergerettet, das derselben Zeit angehört wie jenes, dieselben Formen des
romanischen Palastbaues aufweist, dieselben Herrscher in seinen Mauern beherbergt hat,
ja sogar vielleicht von demselben Meister erbaut ist, wie der Palas der Wartburg, — es ist
das sicher nur wenigen bekannte, in verkehrsarmer Gegend gelegene, jetzt königlich
preußische Schloß Weißensee. Schon der Umstand, daß es ein in allen wesentlichen
Teilen erhaltenes romanisches Schloß ist, würde ihm bei der Seltenheit romanischer
Palastbauten ein großes Interesse sichern; es würde wohl auch deshalb längst bekannt
sein, wenn nicht der Einzige, der bis jetzt die Burg kunstgeschichtlich behandelt hat,
Sommer (in den Bau- und Kunstdenkmälern des Kreises Weißensee, herausgegeben von
der Historischen Kommission der Provinz Sachsen, Heft VI), von dem Wahne befallen
gewesen wäre, daß das Schloß aus der Kenaissancezeit stamme.

Schloß Weißeusee, sonst auch die Weißenburg genannt, liegt auf einer mäßigen,
nach Süden abfallenden Höhe, deren nördliche Fortsetzung von der Stadt Weißensee
eingenommen wird. Eine fast streng eiförmig verlaufende, meist erhaltene Ringmauer
umschließt den ganzen Burgberg, nach Süden zu ersetzt durch die Südwand des Burg-

1 Die Photographien verdanke ich der Güte des Herrn Stadtrats John in Weißensee, der sie eigens
für diese Arbeit hergestellt bat; der Grundriß, Abbildung 1, beruht auf einer älteren Zeichnung der König-
lichen Bauinspektion Erfurt.

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