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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Pomtow, Hans: Die beiden Tholoi zu Delphi
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0184
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172

Aufgaben vorgingen, war es möglich, mit Unterstützung von H. Bulle, A. Zippelius,
H. U. Wenzel, denen für ihre Mitarbeit auch hier auf das Wärmste gedankt sei, am
Beginn der 6. Arbeitswoche (1| Tage vor Zippelius' Abreise) noch wenige Tage für die
Nachprüfung der oben bezeichneten Tholosfragen zu erübrigen.

Über die neuen Resultate sei folgendes vorausgeschickt: War in der vorigen Studie
(S. 102) der äußere Durchmesser des Rundbaues auf 6,25—6,40 m veranschlagt worden,
was einen Stylobat-Umfang von 19,60—20,10 m ergäbe, so haben die diesmaligen
Messungen fast auf den Centimeter genau das erste Maß 19,60 festgestellt.

Dieser Umfang ist nicht aus der immerhin ungenauen Radienberechnung selbst
wiedererrechnet, sondern die Längemaße der 13'einzelnen Architrave sind addiert worden.

Die 13 Architrave zeigen eine Regula-Anordnung, die völlig ohne Rücksicht
auf den Fugenschnitt oder die Säulenstellung getroffen wurde, die es aber
ermöglicht, die 13, unter sich bis zu 10 cm in der Länge (1,46—1,56) differierenden
Stücke genau so, Nachbar an Nachbar, wieder aneinauderzusetzen, wie sie einst im Bau
gelagert haben. Ein 14. Architrav wird dadurch ausgeschlossen.

Das opus atriglyphum (Fehlen der Zwischentriglyphe), wie ich es nach Analogie
von Vitruvs opus monotriglyphum nennen möchte, macht beim Rundbau einer noch
älteren, bisher unbekannten Vorstufe Platz, bei welcher Triglyphen und Metopen sich
um Säulenachsen oder Architravfugen nicht kümmern.

Im übrigen sind nicht nur fast alle 20 Triglyphen nachgewiesen, sondern auch
4 runde Hängeplatten und zuletzt ebensoviele Stylobatplatten entdeckt worden.
Die Hängeplatten zeigen die seltene Erscheinung ungleichbreiter Mutuli.

Die Peristyldecke lag jedoch nicht auf dem Architrav, sondern wie üblich auf
dem Triglyphon, ihre angeblichen Balkenlöcher dienten vielmehr für Querbalken, die
als Verklammeruug vom Architrav hinüber zur Cella reichten.

Beim Rechteckbau bleibt das opus atriglyphum bestehen, hier sind jedoch
die Tropfen unter den Regulae und Hängeplatten hinzuzufügen, die beim Rundbau
fehlem Der gerade Architrav des ersteren ist unten glatt, was wir als erste, lange
geplante Aufgabe sogleich am Ankunftstage feststellten —, Fiechters Erklärung als
Wandarchitrav (S. 120) mußte also fallen. Da die Höhe aber 3 cm niedriger ist als
beim Rundarchitrav, gehören beide in der Tat zu verschiedenen Gebäuden, wie Fiechter
behauptet hat.

Die baugeschichtliche Bedeutung von Tholos und Rechteckbau, wie sie aus
den organischen Besonderheiten beider skizziert war (S. 190), wird jetzt noch gesteigert.
Letztere sind folgende:

1. Die in alter Zeit unerhörte Schlankheit der Säulen (12 Moduli hoch).

2. Sehr weite Inte rkol u m nien, daher Aushöhlung der Architrave.

3. Anordnung von Triglyphen und Metopen ohne jede Rücksicht auf Säulen-
stellung und Architravfugen.

4. Das Fehlen der Tropfen an den Regulae und Hängeplatten des Rundbaues.

5. Die ungleiche Breite der Mutuli (über den Metopen schmaler als über den
Triglyphen).

6. Die merkwürdige Gesamtverklammerung durch Querbalken zwischen
Architrav und Cellawand.
 
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