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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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Haupt, Albrecht: Westgotische Baukunst in Spanien
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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0249
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und mit Dach versehen waren; vom Querschiff standen Mauern und Bögen; ob es
bereits gewölbt war, ist nicht zu entscheiden. Die westlichen Schiffswände waren nur
einige Meter hoch. Die Querbögen des Kreuzschiffs unter der Kuppel (vielleicht auch
noch seine Tonnengewölbe) drängten die noch ungestützten westlichen Pfeiler der Kuppel
weg und stürzten ein. Beweis: die ganz schiefe Stellung dieser Pfeilerund Säulen. —

(Wären diese Westteile in einer so gewaltigen Technik wie die Ostteile je ausge-
führt und eingewölbt gewesen, so wäre vermutlich kein Stückchen von ihnen gefallen.)

Später sind die westlichen Teile in Bruchstein in Basilikagestalt in die Höhe ge-
führt, noch später mit einem notdürftigen Dach versehen, in das man noch heute hinein-
sieht. Andere bauliche Ausgestaltungen werden im 13. Jahrhundert vorgenommen sein.
(Im 17. oder 18. Jahrhundert waren die westlichen Nebenräume mit Stuck und Holz
überwölbt worden; das ist bis auf Spuren wieder verschwunden. Altäre und Kanzel
aus gleicher Zeit). —

Hieraus scheint der Schluß nicht zu umgehen, daß die Erbauung der Kirche in
das zweite Jahrzehnt des 8. Jahrhunderts fällt, ihre Fertigstellung aber durch den Araber-
einbruch gehindert wurde; daß ihre Ostteile damals fertig waren, ihre Westteile aber
einen rohen Oberbau mit Dach erst um 900
erhielten, so daß das Gebäude 902 einer Be- X"/|-"'"I
nediktinerniederlassung dienen konnte. —

Der Grundriß, Aufbau und die Ver- I

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zierung — ausgenommen jene wenigen onen- I

talischen Elemente — geben von einer bereits I

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zu eigenem Wesen und erkennbarer Origi- | =j _U
nalität entwickelten Baukunst Zeugnis, die
sich in den asturischen Bauwerken des 8. und
9. Jahrhunderts weiter bildete.

Abbildung 15. Banos. Abbildung 16. Balios.

. San Juan. San Juan. Ursprüngliche

Ein für die Geschichte der spanischen Heutige Gestalt. Gestalt nach Alvarez

Baukunst jener Zeit hochwichtiger Nach-
trag ist betreffs der Kirche zu Banos zu geben. Diese hochbedeutsame Kirche hat
durch Abbruch und Umbau wichtigster Teile, wie es scheint im 15. und 18. Jahrhundert,
einige starke Entstellungen erlitten, die sie bisher als ein nicht sehr originelles Ge-
bäude von basilikaler Anordnung ohne Querschiff mit drei rechteckigen Apsiden er-
scheinen ließen (s. Abbildung 15), was für den Grundriß eine Verwandtschaft mit gewissen
nordsyrischen Kirchen zu ergeben schien. Neuere Ausgrabungen haben aber inzwischen
erwiesen, daß der ursprüngliche Grundriß ein ganz anderer war; daß er ein stark
vorspringendes schmales Querschiff zeigte, hinter dem sich drei selbständige Apsiden
rechteckigen Grundrisses mit Zwischenräumen nach Osten erstreckten. Die beiden
äußeren sind abgebrochen, ebenso der Vorsprung des Querschiffes, während zwei neue
gotische Apsiden in jene östlichen Zwischenräume dicht an die Mittelapsis angebaut
wurden; dadurch ergab sich jener so anspruchslose Grundriß, den wir heute vor uns
sehen und bisher für ursprünglich hielten.

Die jetzt entdeckte tu-Form der Ostpartie (s. Abbildung 16) ist aber die originellste
und überraschendste, die denkbar ist, und hat bis jetzt kein erkennbares Vorbild. Wenn
gar die (von Alvarez) vermuteten äußeren Säulenhallen wirklich einst vorhanden

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