Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 11.1902

DOI Artikel:
Ollendorf, Oskar: Ausstellungen für Frauen-Kleidung zu Wiesbaden
DOI Artikel:
Osborn, Max: Ausstellungen für Frauen-Kleidung zu Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6694#0184

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
i65

flusffellungen für Frauen-Kleidung zu Wiesbaden und Berlin.

Die Ausstellung für Frauen-Kleidung
der Gesellschaft für bildende Kunst
zu Wiesbaden fand im Fest-Saale
des Rathauses vom i. bis 15. Oktober statt.
Von auswärtigen Künstlern waren Behrens
in Darmstadt, Mohrbutter und Schultze-
Naumburg in Berlin und Elisabeth Winter-
werber in München, von einheimischen
Gabriele Bach und Kossuth vertreten. Eine
nicht kleine Anzahl Wiesbadener Damen,
Mitglieder der Gesellschaft für bildende
Kunst, hatten sich in der Stadt nach eigenen
Ideen Kostüme für die Ausstellung anfertigen
lassen. Ausserdem waren mehrere angesehene
einheimische Konfektions-Firmen mit verkäuf-
lichen Kleidern beteiligt. Noch bei der
Leipziger Kostüm - Ausstellung im Herbst
1901 hatte sich nur eine einzige und zwar
eine Berliner Firma zur Beteiligung ent-
schlossen. Dass man in kaufmännischen
Kreisen nachzugeben beginnt, ist der beste
Beweis für das Anwachsen der Bewegung.
Als ein weiterer Beweis darf der über Er-
warten gute Besuch der Ausstellung ange-
sehen werden. Auch auswärts, namentlich
in Frankfurt, zeigte sich lebhafte Teilnahme
für unser Unternehmen. Das allgemeine
Urteil über Zweckmässigkeit und Schönheit
der Kostüme war, wie zu erwarten stand,
geteilt. Von Seiten der Ausstellungs-Leitung
wurde besonders die nationale und ästhe-
tische Seite der Bewegung betont. Es
wurde nachdrücklich darauf hingewiesen,
dass die Pariser Mode in Deutschland durch
die französische Psyche ihrer Kostüme
und durch ihren ausschliesslich französischen
Wortschatz den letzten Rest jener vielfachen
deutschen Abhängigkeit von Frankreich be-
deutet, die das heutige Geschlecht ausser-
halb der Mode nur noch nach dem Hören-
sagen kennt, Vom ästhetischen Standpunkt
wurde die theoretische Berechtigung des
Künstler-Kleides, das sich zwanglos der all-
gemein kunstgewerblichen Bewegung ein-
gliedert, eingehend nachgewiesen. Man darf
hinzufügen, dass der unbefangene Beob-
achter, der den tiefgehenden Gegensatz des

Künstler - Kleides zum Schneider - Kleid
schlechten und guten Geschmackes lebhaft
und deutlich empfindet, auch praktisch die
Berechtigung und den Wert des Künstler-
Kostüms nicht erkennen wird. Karakter-
volle Eigenart und ästhetisch vornehme Ge-
sinnung sind nur beim Künstler-Kostüm zu
finden. Das Publikum ist freilich einstweilen
weit davon entfernt, so zu urteilen. Der
Fortschritt der Bewegung ruht noch wesent-
lich auf hygienischer, nicht auf ästhetischer
Grundlage. Oskar Ollendorf—Wiesbaden.

Ä

Die Ausstellung, die während der letzten
Monate im Hohenzollern-Kaufhause zu Berlin
stattgefunden hat, bedeutet einen kräftigen
Vorstoss der Reformatoren unserer Frauen-
Kleidung. Ein Komitee, dessen Seele Paul
Schultze—Naumburg war, hatte den Plan zu
dem Unternehmen entworfen. Es verlangte
von den Ausstellern, dass sie bei den einzusen-
denden Arbeiten keinerlei Korset oder »Re-
form-Korset« verwendeten, dass jedes Kleid
»nur von den Schultern getragen werde und
nicht aus Rock und Blouse der alten Form
bestehe, noch mit Büsten-Haltern versehen
sei, die auf oder unter dem Rippen-Korbe
oder auf den Hüften ihren Halt finden.«
Alle diese Bedingungen weisen deutlich
darauf hin, dass es hygienische Rücksichten
und logische Erwägungen sind, die diesenVer-
suchen zu neuen Frauen-Kostümen zu Grunde
liegen. All den interessanten und höchst
beachtenswerten Vorschlägen, die Schultze—
Naumburg und seine Mitarbeiter, wie Mohr-
butter, Gräfin Geldern-Egmont u. a., in aest-
hetischer Hinsicht machen, haftet noch ein theo-
retischer Beigeschmack an. Doch das ist im
Anfang der Bewegung sehr wohl begreiflich
und kann nicht hindern, dass alle, die der
Zukunft ein Geschlecht voll Gesundheit und
Natürlichkeit sichern möchten, den Bemüh-
ungen mit innigster Sympathie gegenüber-
stehen. Zwei Typen der neuen Frauen-Tracht
waren auf der genannten Ausstellung und
auf einer zweiten, die gleichzeitig bei Herrn.
Gerson in Berlin stattfand, zu unterscheiden:
 
Annotationen