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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 60.1927

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Mayer, Alfred: Thomas Theodor Heine
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https://doi.org/10.11588/diglit.9255#0121

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THOMAS THEO-
DOR HEINE
Am 28. Februar
2V feierte Tho-
mas Theodor Heine
seinen 60. Geburts-
tag, In Leipzig ge-
boren, hat er seine
erste künstlerische
Ausbildung in Düs-
seldorf erhalten.
Sehr jung noch kam
er nach München,
wurde dort Mitar-
beiter an den „Flie-
genden Blättern"
und 1896 der Mit-
begründer des„Sim-
plicissimus". — Es
dauerte nicht lange,
und Thomas Theo-
dor war die Haupt-
stütze des jungen
Unternehmens von
Albert Langen. Die
heutige Generation
vermag sich kaum
einen Begriff zu
machen von der
sensationellen Wir-
kung, die eine Tho-
masTheodor Heine-
Zeichnung in der
neuen Nummer des
Simplicissimus so-
wohl politisch wie
künstlerisch jeden
Freitag auslöste.
Der deutsche Bür-
ger, der ja noch
ganz eingestellt war
auf Meister Ober-
länder u. geringere
harmlose, meist
gänzlich unpoliti-
sche Witzblattzeichner, sah sich vor Heines
Zeichnungen plötzlich einem kritischen Geiste
gegenüber, der ihn zwang, Stellung zu nehmen
zu den öffentlichen Dingen seines Landes.

Scharf und klar in der Form, immer von
einer witzig schlagenden Pointe ausgehend,
aber dennoch grausam und unerbittlich als
Äußerung seines Weltgefühls, wagte er es als
erster, gegen allen Hochmut zu Felde zu ziehen.

So wurde er immer mehr der am meisten
gefürchtete Gesellschaftskritiker. Seine Hand-
schrift wurde bekannt in Deutschland wie kaum

bildhauer j. löw—wien. »kamingitter« keramik

eine zweite. Zu der
bestimmten, Rudolf
Wilke verwandten
Lineatur, zu der
mehr gepflegten an-
mutigen Arabeske,
die bisweilen an
Beardsley erinnern
könnte, gesellt sich
die zeichnerische
oder farbflächige
Gewichtsverteilung,
die der Handschrift
einen ganz unver-
kennbaren Eigen-
wert verleihen. —
Heut in seiner Kunst
noch jung wie vor
dreißig Jahren, darf
Heine auf eine sehr
fruchtbareTätigkeit
zurückschauen. —
Seine Ölmalereien,
mehr in seinen
Musestunden ent-
standen, vermel-
den eine andere
stillere Seite seiner
Menschlichkeit. Sie
kennzeichnen den
Romantiker. Pen-
delnd zwischen Sen-
timentalität und
Ironie, zeigen sie
die Beschaulichkeit
eines Biedermeiers,
der sich in seiner
echt deutschen We-
senheit der Reihe
der Schwind, Neu-
reuther, Kersting
anschließt. — Tho-
mas Theodor ist
nicht nur Zeichner
und Maler, er ist
auch Kunstgewerbler und Plastiker. In vielen
Abgüssen verbreitet sind seine Statuetten eines
Teufels und eines Engels. Heines eigenartiger
Typus Teufel ist ebenso populär geworden wie
der rote bissige Köter des Simplicissimus -Pla-
kates oder wie damals das außerordentlich wirk-
same Plakat der Elf Scharfrichter.

Mit dem Bankett, das die Münchner Neue
Secession ihrem Mitglied veranstaltete, wurde
nur ein sehr kleiner Teil des Dankes abgetragen,
den die Münchner diesem langjährigen Führer
ihres geistigen Lebens schulden, alfred mayer.

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