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16. l Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- mT
-—- Handlungen, sowie von allenPostämternund
Zeitungserped itionen angenonunen.
Erscheinenwöchentlich. Subscriptionspreisfür! rr Lignit
den Band von 24 Nummern 3 fl. 36 kr. R.-W.!,"'
od. 2 Rthlr. Einzelne Nummern kosten 12 kr. oder 3 ggr.
Eine Nacht aus dem Leben eines Dichters.
1.
Uns frieret, und das Holz auch in unserm Hain,
So klagten die Musen, wird iheuer.
Heizt, sprach Apoll, mit deutsche» Romanen ein.
So habt ihr ein ewiges Feuer. Pfeffel.
^Am Vorabend des Weihnachtstages lag ein armer Dich-
ter in seinem Kämmerlein auf dem Lager von Stroh, in zer-
rissene Bettlacken und Kleider gehüllt, den Kopf tief in eine
schmutzige Nachtmütze gesteckt. Bor ihm stand der dreibei-
nige Tisch, morsch und wurmstichig mit dem buntesten Wirr-
warr von Gegenständen angefüllt. Ta lagen stumpfgeschrie-
bene Gänsekiele und neue Gedichte, und dort stand das al-
terthümliche Tintenfaß, das einen Löwen vorstellte, in dessen
gekröntem Haupte der schwarze Saft enthalten; hier lagen
zierliche Madrigale und paarten sich mit anmuthigen So- [
netten, während sich eine geschämige Idylle kokettisch zu ver-
bergen suchte; hochtönende Heldengedichte, an deren Holpe-
eigen Hexametern der gewaltige Liebling der Camönen seinen ,
Pegasus lahni gepeitscht halte, blickten verstohlen unter dem
braunen Makulatur hervor, in welchem vor einigen Tagen
der Dichter sein ftugales Mahl nach Hause getragen; viel-
leicht daß sie ahnten ihr künftiges Schicksal. Mächtig schal-
lende Oden und trunkene Dithyramben rauschten wie toll im
Dachkämmerlein umher, vom eisigen Winde gehetzt, der sich
erfrechte, mit seinem kalten Hauche durch die Fugen und
Lücken und Spalten der Bretterwände zu dringen und den
Freund Apollo s zu küssen, daß derselbe zitternd in die star-
ren Hände hauchte.
Alte Bücher, mächtige Folianten standen in schweinlederner
Rüstung trotzig auf dem Boden uniher, ein kräftiges Geschlecht
der Vorzeit, während eine Menge kleinerer Broschüren, Tag-
blätter, Flugschriften und anderes Gesindel, wahrscheinlich Frei-
excmplare, unser jetziges Zeitalter sinnbildend, wirr, staubig und
zerstreut umherlagen, Neben dem Lager des Dichters sprudelte
die Roßhufsquelle, wie Meister Bürger weiland den Musenborn
nannte, woraus der Dichter in Stilnden der Begeisterung schöpfte,
nämlich der grüne narbenvolle Wasserkrug, der heute Nacht
eingefroren war; denn dort steht wohl der mächtig große Ofen,
der zwei Tritttheile von dem Kämmerlein für sich wegnimmt,
wie ein feister Metzger oder Pächter in einem Stellwagen, aber
wo das Holz oder Torf? Armer Dichter! raffe deine Gedichte,
die Folianten, Broschüren und Flugblätter zusammen, zünde sie
an und wärme dich und deine zitternden Finger, daß du doch
einmal von deinen Musen erwärmt worden bist! Frevelhafter
Wunsch! Auf dem Ofen steht eine Weinflasche! aber wie sie
hieherkommt, ist schwer zu errathen; denn daß der jetzige Besitzer
je Wein gekostet, ist kaum zu glauben, obgleich er schon mehr
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16. l Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- mT
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Erscheinenwöchentlich. Subscriptionspreisfür! rr Lignit
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Eine Nacht aus dem Leben eines Dichters.
1.
Uns frieret, und das Holz auch in unserm Hain,
So klagten die Musen, wird iheuer.
Heizt, sprach Apoll, mit deutsche» Romanen ein.
So habt ihr ein ewiges Feuer. Pfeffel.
^Am Vorabend des Weihnachtstages lag ein armer Dich-
ter in seinem Kämmerlein auf dem Lager von Stroh, in zer-
rissene Bettlacken und Kleider gehüllt, den Kopf tief in eine
schmutzige Nachtmütze gesteckt. Bor ihm stand der dreibei-
nige Tisch, morsch und wurmstichig mit dem buntesten Wirr-
warr von Gegenständen angefüllt. Ta lagen stumpfgeschrie-
bene Gänsekiele und neue Gedichte, und dort stand das al-
terthümliche Tintenfaß, das einen Löwen vorstellte, in dessen
gekröntem Haupte der schwarze Saft enthalten; hier lagen
zierliche Madrigale und paarten sich mit anmuthigen So- [
netten, während sich eine geschämige Idylle kokettisch zu ver-
bergen suchte; hochtönende Heldengedichte, an deren Holpe-
eigen Hexametern der gewaltige Liebling der Camönen seinen ,
Pegasus lahni gepeitscht halte, blickten verstohlen unter dem
braunen Makulatur hervor, in welchem vor einigen Tagen
der Dichter sein ftugales Mahl nach Hause getragen; viel-
leicht daß sie ahnten ihr künftiges Schicksal. Mächtig schal-
lende Oden und trunkene Dithyramben rauschten wie toll im
Dachkämmerlein umher, vom eisigen Winde gehetzt, der sich
erfrechte, mit seinem kalten Hauche durch die Fugen und
Lücken und Spalten der Bretterwände zu dringen und den
Freund Apollo s zu küssen, daß derselbe zitternd in die star-
ren Hände hauchte.
Alte Bücher, mächtige Folianten standen in schweinlederner
Rüstung trotzig auf dem Boden uniher, ein kräftiges Geschlecht
der Vorzeit, während eine Menge kleinerer Broschüren, Tag-
blätter, Flugschriften und anderes Gesindel, wahrscheinlich Frei-
excmplare, unser jetziges Zeitalter sinnbildend, wirr, staubig und
zerstreut umherlagen, Neben dem Lager des Dichters sprudelte
die Roßhufsquelle, wie Meister Bürger weiland den Musenborn
nannte, woraus der Dichter in Stilnden der Begeisterung schöpfte,
nämlich der grüne narbenvolle Wasserkrug, der heute Nacht
eingefroren war; denn dort steht wohl der mächtig große Ofen,
der zwei Tritttheile von dem Kämmerlein für sich wegnimmt,
wie ein feister Metzger oder Pächter in einem Stellwagen, aber
wo das Holz oder Torf? Armer Dichter! raffe deine Gedichte,
die Folianten, Broschüren und Flugblätter zusammen, zünde sie
an und wärme dich und deine zitternden Finger, daß du doch
einmal von deinen Musen erwärmt worden bist! Frevelhafter
Wunsch! Auf dem Ofen steht eine Weinflasche! aber wie sie
hieherkommt, ist schwer zu errathen; denn daß der jetzige Besitzer
je Wein gekostet, ist kaum zu glauben, obgleich er schon mehr
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Eine Nacht aus dem Leben eines Dichters."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 2.1846, Nr. 40, S. 121
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg