Fliegende Blätter (33.1860 (Nr. 783-808))

wieder auf harten Grund gestoßen, er könne für den heutigen
Tag unmöglich mehr wie einen, höchstens anderthalb Zoll, im
Ganzen versprechen. — „Redensarten!" riefen der Herr Amt-
mann, „das kennen wir nun schon, Er hofft gewiß noch mehr
Nordhauser aus mir 'ranS zu schrauben, aber Prosit! Ich will
Ihm was sagen, Er ist ein durchtriebener Hallunke! — und
ich werde Ihn gerichtlich belangen, wenn wir morgen früh
nicht wieder sechszehn Zoll avancirt sind. Bringt Er den Pfahl
aber heute noch völlig zu Grunde, so erhalt Er einen Thaler
Trinkgeld aus meiner Tasche und nun kein Wort weiter,
guten Morgen!" — Als der Herr Amtmann am folgenden
Tage mit sorgenschwerem Herzen das Gerüst besteige», finden

Stange wird daher das Maß der gestrigen Arbeit aus acht
und dreißig Zolle scstgestcllt, und der Pfahl nunmehr für
genügend tief und fest erachtet. Der Schwanzmcister erscheint
hieraus, erhalt einen Thaler Trinkgeld, .und eine Anweisung

auf die Stadtkaffe, nebst einer ditto auf das Wirthshans zum
blauen Baren. Die Rammer verlassen hierauf singend den
Bauplatz, ziehen den ganzen Tag in der Stadt umher, und
arrangiren gegen Abend eine entsetzliche Schlägerei, in Folge
dessen die sämmtliche Mannschaft auf einige Tage ein gesperrt
wird. Inzwischen sind Zimmerleutc, Schmiede und Schlosser
rastlos beschäftigt, den Eisbrecher zu vollenden und binnen
drei Tagen steht der stolze Bau fir und fertig da.

Drei Wochen später erscheint das erste Treibeis und die
halbe Stadt ist sofort auf der Brücke versammelt, um den
passiven Widerstand des neuen Eisbrechers zu bewundern. Der

dieselben mit freudiger Ucberraschung, daß der Pfahl bereits so
tief unter das Niveau des Gerüstes gesunken ist, daß der Rohr-
stock zur üblichen Messung nicht mehr ausreicht. Mit Hilfe einer

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