99
Der verlorene Sohn.
„Ei, du Strolch und Erzlumpazins,
Galgenstrick und Hanptkujazius,
Welcher Wind führt dich in's Reich,
Ei, wo ist mein Farrenschweif?"
Balthasar warf sich auf's Esterich,
„Hau' nur zu, denn ich trieb's lästerich!"
Doch die Mutter kommt zum Glück,
Und der Vater weicht zurück.
Und in heißen Thränen bitterlich
Klaget laut das gute Mütterlich,
Küßt ihn und ruft ohne End':
„Ach, mein Balzer, mein Student!"
Und der Vater, alsbald umgewandt.
Hat zu allen Nachbarn 'rumgcsandt.
Und zur großen Gasterei
Seinen Sohn bekleidet neu.
Spät kam, als der Abend dämmerte,
Michel heim voin Feld und jämmerte,
Weil Musik er hört' und Tanz,
Sparsam war er gar und ganz.
„Euer Bruder kam, der Balthaser,
Darum tanzen sic den Waltaser,
Haben auch ein Kalb geuietzt",
Hat ihm d'rauf ein Knecht versetzt.
Guckkasten -Bilder.
Zornig stampfte da der Michael,
Knecht' und Mägd' und das Geflüchael
Flohen hocherschrcckt in's Haus
Und der Vater trat heraus.
Micheln wieder zu begütigen,
Trat er jetzo zu dem Wüthigcn,
Redet ihm in's Herz gelind:
„Komm' herein und sei kein Kind!
Komm' herein und tanz' den Schottischen
Mit des Jakobs rothem Lattichen,
Zwanzigtausend bringt sie mit,
Wirb um sie, weil ich dich bitt'!
Geb' dir gleichfalls so viel Baaria,
Aber laß' die Larifaria,
Geb' das halbe Gut dir gleich,
Aber komm' herein und schweig'!
Komm' herein und tanz' den Schottischen
Mit des Jakobs rothem Lattichen,
Freu' dich, weil der Herr Student
Wiederum zu Hause send."
Guckkasten-Bilder.
Nro. i.
Meine Herren und Damen, hier ist zu sehen der neu
angelegte Nil, oder schwarze Strom, so sich befunden hat
während dieses Sommers fast vis-ä-vis von dem Wittels-
bacher Palaste, kurz vor dem Eingänge in die Ottostraße
in der werthen Stadt München im Baycrlandc. Es hat
durch diese neue Anlage die daselbst befindliche hohe Obrig-
keit die Sehenswürdigkeiten dieser Stadt vermehrt und auch
die Annehmlichkeiten, dieweil die Herren und Damen, so
sich glücklich gerettet haben über die Sand- und Schand-
wüste, so gencnnct wird Dnltplatz, sich ergötzen können an
dem Anblicke dieses schönen Flußes, so niemals versiegt und
auch während dieses trockenen, regenlosen Sommers niemals an
Wassermangel gelitten hat. Es sind auch darin angebracht,
zur Belustigung des Publikums und der lieben Jugend, allerlei
niedlich' Gethier, so durch Purzelbäum', seltsam' Geschrei und
allerlei Kurzweil sich bestrebet, das Gemüth des melancholischen
Wandcrsnianncs zu erlustiren. Es verbreitet dieser neue Nil,
oder schwarze Fluß, einen ganz besonderen und cigcnthümlichcn
Geruch, und cngagirt dadurch den benannten melancholischen
Wandersmann, zu greifen nach seiner Schnupftabaksdose —
und wird hiedurch der ganze Handclsstand und Krämerstand
gcsctzet in Nahrung, weil er deßhalb noch einmal so viel
Schnupftabak verkauft, als er verkaufen würde, wenn dieser
schöne Fluß nicht wäre angelegt worden durch die hohe Obrig-
l3*
Der verlorene Sohn.
„Ei, du Strolch und Erzlumpazins,
Galgenstrick und Hanptkujazius,
Welcher Wind führt dich in's Reich,
Ei, wo ist mein Farrenschweif?"
Balthasar warf sich auf's Esterich,
„Hau' nur zu, denn ich trieb's lästerich!"
Doch die Mutter kommt zum Glück,
Und der Vater weicht zurück.
Und in heißen Thränen bitterlich
Klaget laut das gute Mütterlich,
Küßt ihn und ruft ohne End':
„Ach, mein Balzer, mein Student!"
Und der Vater, alsbald umgewandt.
Hat zu allen Nachbarn 'rumgcsandt.
Und zur großen Gasterei
Seinen Sohn bekleidet neu.
Spät kam, als der Abend dämmerte,
Michel heim voin Feld und jämmerte,
Weil Musik er hört' und Tanz,
Sparsam war er gar und ganz.
„Euer Bruder kam, der Balthaser,
Darum tanzen sic den Waltaser,
Haben auch ein Kalb geuietzt",
Hat ihm d'rauf ein Knecht versetzt.
Guckkasten -Bilder.
Zornig stampfte da der Michael,
Knecht' und Mägd' und das Geflüchael
Flohen hocherschrcckt in's Haus
Und der Vater trat heraus.
Micheln wieder zu begütigen,
Trat er jetzo zu dem Wüthigcn,
Redet ihm in's Herz gelind:
„Komm' herein und sei kein Kind!
Komm' herein und tanz' den Schottischen
Mit des Jakobs rothem Lattichen,
Zwanzigtausend bringt sie mit,
Wirb um sie, weil ich dich bitt'!
Geb' dir gleichfalls so viel Baaria,
Aber laß' die Larifaria,
Geb' das halbe Gut dir gleich,
Aber komm' herein und schweig'!
Komm' herein und tanz' den Schottischen
Mit des Jakobs rothem Lattichen,
Freu' dich, weil der Herr Student
Wiederum zu Hause send."
Guckkasten-Bilder.
Nro. i.
Meine Herren und Damen, hier ist zu sehen der neu
angelegte Nil, oder schwarze Strom, so sich befunden hat
während dieses Sommers fast vis-ä-vis von dem Wittels-
bacher Palaste, kurz vor dem Eingänge in die Ottostraße
in der werthen Stadt München im Baycrlandc. Es hat
durch diese neue Anlage die daselbst befindliche hohe Obrig-
keit die Sehenswürdigkeiten dieser Stadt vermehrt und auch
die Annehmlichkeiten, dieweil die Herren und Damen, so
sich glücklich gerettet haben über die Sand- und Schand-
wüste, so gencnnct wird Dnltplatz, sich ergötzen können an
dem Anblicke dieses schönen Flußes, so niemals versiegt und
auch während dieses trockenen, regenlosen Sommers niemals an
Wassermangel gelitten hat. Es sind auch darin angebracht,
zur Belustigung des Publikums und der lieben Jugend, allerlei
niedlich' Gethier, so durch Purzelbäum', seltsam' Geschrei und
allerlei Kurzweil sich bestrebet, das Gemüth des melancholischen
Wandcrsnianncs zu erlustiren. Es verbreitet dieser neue Nil,
oder schwarze Fluß, einen ganz besonderen und cigcnthümlichcn
Geruch, und cngagirt dadurch den benannten melancholischen
Wandersmann, zu greifen nach seiner Schnupftabaksdose —
und wird hiedurch der ganze Handclsstand und Krämerstand
gcsctzet in Nahrung, weil er deßhalb noch einmal so viel
Schnupftabak verkauft, als er verkaufen würde, wenn dieser
schöne Fluß nicht wäre angelegt worden durch die hohe Obrig-
l3*
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der verlorne Sohn"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Magerkeit <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 35.1861, Nr. 847, S. 99
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg