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Die bösc und die gute Magd.

Ju Sorg und Schweiß
Umsonst euch plagt.

Denn euer Fleiß
Frommt nur der Magd!

Die Schwestern schüttelten die Kopse und sagten, daß
dieß ein bösartiger Versuch zur Ansreizung nur gewesen sei
und man ihr übles Hauswesen wohl der schlechten Zeit, doch
nicht der Magd anrechnen könne. Fräulein Jntelligentia aber
war anderer Meinung, und beobachtete von nun an die Magd
schärfer als je. Es dauerte nicht lange, so gab es einen Auftritt
zwischen der Magd und der jüngsten Schwester, doch kam hie-
bei nichts heraus, denn die andern Schwestern hielten zur
Magd und unterstützten sie ans das Kräftigste. Verging wieder
eine geraume Zeit, das Dach war schadhaft geworden, daß
der Regen eindrang, und die Wand der Arbeitsstnbe der Schwester
Jndustria feucht wurde. So manches Fenster war zerbrochen
und trotz allen Redens von Fräulein Jntelligentia .nicht an-
ders ansgebcssert, als mit Papier, was der Helle des Hauses
großen Eintrag that. Trotz alledem und alledem wurden der
Schulden immer mehr und mehr. Das machte nun auch die
zweite Schwester bedenklich. Sie näherte sich der jüngsten und
beide wurden oft und oft im heimlichen Gespräche überrascht,
was nie sonst vorkam. Als nun wieder der Jüngling kam
und Fräulein Jndustria selbst nun hörte und die bedeutsame
Strophe vernahm:

In Sorg und Schweiß
Umsonst euch plagt,

Denn euer Fleiß
Frommt nur der Magd!

Da ward es ihr zur Klarheit, was bisher in ziemlich
trüber Ahnung ihr vorgeschwebt. Wieder gab es einen bösen
Auftritt im Hause, aber — aber — die Magd siegte auch
diesesmal wieder, nicht durch ihr gutes Recht, sondern durch
ihre und des Thorwarts Brutalität und durch die blinde
Anhänglichkeit und Unterstützung der ältesten Schwester. Wohl
gab es lange Zeit wieder Ruhe, doch war nun die Lage der
Magd wirklich kritisch geworden, denn so sehr sie auch die
Schwestern durch die gleißenden Besuche irreleiten und einlul-
len ließ, so pfiffig sie auch die Schwestern gegen einander
brachte, so sehr sie auch von Außen alles abzuhalten verstand,
was die Schwestern über sich und ihr Hauswesen aufklären
konnte, so sehr sie sich auch immer das Ansehen gab, als ob
sie im vollsten Rechte sei, es wollte nun doch nicht mehr ge-
hen. Ein Sturm zerriß das Dach und machte sonstigen Scha-
den, zudem kam noch Mißwachs, und die Mühe der ältesten
Schwester war umsonst. Roth riß ein, und die hat Niemand
noch fröhlich gemacht, darum wurde nun auch die älteste Schwester
unwirsch. Höher aber steigerte sich die trübe Stimmung noch,
als die Magd einen Ankauf nothwendiger Ackcrwerkzeuge mit
dem Bemerken abschlug, daß die alten noch gut wären, wenn
sie fleißiger gebraucht würden. Wohl bereute die Magd ihre
Voreiligkeit, doch der Riß war geschehen. Die älteste Schwe-
ster sah nun ein, daß die Magd sie zu sehr bevormunde und
brütete still dahin. Als nun zum drittenmale der Jüngling

kam, scholl mächtiger denn je sein donnernd Lied. Durch Zau-
bermacht unantastbar, stand er vor der Schwestern Haus und
sang. Des Thorwarts Drohen, der Hunde Bellen, nichts konnte
ihn vertreiben. Die Schwestern schauten alle drei zum Fenster
heraus und hörten. Zum drittenmale ertönte wieder:

In Sorg und Schweiß
Umsonst euch plagt,

Denn euer Fleiß
Frommt nur der Magd!

Da ging der Tanz los. Zornig eilten die Schwestern
vom Fenster hinweg und suchten die Magd. Was sie unter-
wegs fanden nahmen sie als Waffe mit. Die Magd hatte
sich in der Küche verschlossen. Die Thüre wurde gesprengt und
die Magd überrumpelt, wie sie in der Ecke in einem Sand-
haufen etwas versteckte. Die jüngste Schwester bombardirte die
Uebcrraschte mit ihren Büchern und warf ihr das Tinten-
faß an den Kopf, daß der Inhalt desselben das Gesicht der A n-
gegriffenen fast noch etwas schwärzer färbte, als ihre schwarze
Seele war, die andere schlug mit ihrem Rocken drein, wobei
es an passenden Redensarten nicht fehlte, und die älteste stieß
wuthschnaubend mit dem Spaten nach jenem Theile, für den die
Magd, trotz aller schlechten Zeiten, so trefflich zu sorgen ver-

stand. In der Angst der Verzweiflung griff die Hartbedrängte
nach Sand und streute ihn den Schwestern in die Augen
und entwischte. Als diese wieder sehen konnten, sahen sie nichts
mehr von der Verhaßten. Sie eilten zum Thore, aber auch
der Thorwart war im Bewußtsein seiner Schuld mit der Magd
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die böse und die gute Magd"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Wurf
Magd <Motiv>
Tintenfass
Schwester <Motiv>
Zorn <Motiv>
Schlag
Spaten
Boden <Motiv>
Betrug
Entdeckung
Karikatur
Buch <Motiv>
Spinnrocken
Sand <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 35.1861, Nr. 851, S. 130

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